DSL in Berlin: Bald soll jeder überall drin sein
In manchen Berliner Stadtteilen gibt es DSL nur in jeder zweiten Straße. Private Anbieter sollen daher flächendeckend Drahtlosverbindungen finanzieren.
Man sieht sie überall im Szenebezirk Friedrichshain: In den Straßencafés sitzen junge Studenten und jung gebliebene Hippster mit ihren Laptops und surfen. Auch Sibylle Uhlemann, die kürzlich in die Gubener Straße nach Friedrichshain zog, würde gerne die Segnungen des WWW genießen. Doch das wird schwierig: Denn in ihrer Straße kann man kein DSL (Digital Subscriber Line) bestellen. Die 32-jährige Chemikerin und ihr Mann hielten das zunächst für einen schlechten Witz. "Wir dachten, nur Randbezirke wie Pankow wären davon betroffen." Zwar kann laut Telekom jeder Berliner DSL bestellen, doch die Praxis sieht oft anders aus. Uhlemann ist empört über den Kundennepp: "Das ist doch eine gezielte Fehlinformation!"
Andere Anbieter stehen zu der unsicheren Versorgungslage mit DSL. Sie weisen im Telekommunikationsatlas Gebiete auf, die sie erst vor Ort im Einzelfall prüfen müssen. Vor allem die Bezirke Zehlendorf und Köpenick sind betroffen. Mehr als die Hälfte der Fläche gilt als problematisch. Auch in Mitte, Pankow oder Lichtenberg gibt es weiße Flecken auf der Karte.
Verantwortlich für die technischen Probleme sind die Telekommunikationsleitungen: Anfang der 90er-Jahre wurden die alten Kupferleitungen durch Glasfaserkabel ausgetauscht. Diese Technologie galt vor 18 Jahren als die neueste und schnellste zur Übertragung von Signalen. Für die Einwahl über das analoge Modem oder einen digitalen ISDN-Anschluss (Integrated Services Digital Network) trifft das auch zu. Doch der neue Standard DSL brauchte die alten Leitungen.
Inzwischen versucht die Telekom das Problem mit einer parallelen Verlegung von neuen Kupferleitungen in den Griff zu bekommen. Aber eine vollständige Lösung des Problems konnte der Senat für Wirtschaft, Technologie und Frauen bis jetzt nicht verkünden. Ihm wurde von der Telekom mitgeteilt, dass aus wirtschaftlichen Gründen rund 10.000 Haushalte dauerhaft kein DSL beziehen werden können. Die Brisanz der Situation bleibt damit bestehen. Im bundesweiten Durchschnitt sind die Berliner laut TNS Infratest mit 68 Prozent am stärksten im Internet vertreten. Von diesen Nutzern wählen sich 60 Prozent über eine Breitbandverbindung ein. Damit ist Berlin laut TNS Vorreiter in Sachen Internet für Deutschland. Und DSL gilt immer noch als erste Wahl bei der Bestellung einer Breitbandverbindung ins Internet.
Auch der Senat ist an einer Lösung des Problems interessiert. In den Fokus geraten deshalb immer mehr Alternativen zum DSL. "Wir arbeiten an einem funkgestützten breitbandigen Telekommunikationsnetz und werden einen Betreiber finden", versichert der Senat. Damit könnten die Bürger überall günstig, aber nicht umsonst per Wireless Lan (W-Lan) ins Internet. Ähnliche Modelle findet man schon jetzt an Universitäten oder in Straßencafés. Die Freie Universität bietet ihren Studenten und Mitarbeitern ein kostenloses Funknetz auf dem Campus an. Für eine optimale Signalstärke setzt sie rund 900 Acesspoints ein. Dagegen gewähren Cafébesitzer oft nur ihren zahlenden Gästen den kostenlosen Zugang ins Internet. Das notwendige Passwort wird erst nach der Bestellung ausgegeben und regelmäßig gewechselt. Damit versucht der Wirt eine unberechtigte Nutzung zu verhindern.
Die Finanzierung eines umfassenden Hauptstadtnetzes ist jedoch noch ungeklärt. Die Stadtführung geht von einer rein privatwirtschaftlichen Lösung aus: "Die Finanzierung des Aufbaus aus öffentlichen Mitteln ist nicht möglich", so ein Sprecher des Wirtschaftssenats.
Uhlemann wollte allerdings nicht warten, bis das W-Lan-Projekt endlich umgesetzt wird. Eine Nachbarin gab ihr den Tipp, den Breitbandanschluss über einen Kabelanbieter zu bestellen. Das hat die 32-Jährige gemacht - und ist damit sehr zufrieden. Das Komplettangebot ist am Ende sogar günstiger als die Variante mit dem DSL-Anschluss. "Ich bezahle jetzt insgesamt nur noch 19,90 Euro und kann dafür fernsehen, telefonieren und surfen."
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!