DISKRIMINIERUNG: Louise Jones wehrt sich
Louise Jones hat sich an unterschwelligen alltäglichen Rassismus fast schon gewöhnt. Doch als sie wegen ihrer Hautfarbe einen Job als Messe-Hostess verliert, wendet sie sich ans Antidiskriminierungsnetzwerk.
"Sie sprechen aber gut Deutsch."Inzwischen kann Louise Jones (Name geändert) über diesen Satz lachen, zu oft hat sie ihn bei ihren Jobs als Messehostess schon gehört. Die Tochter ghanaischer Einwanderer entgegnet dann: "Ja danke. Sie auch." Doch als sie vor zwei Wochen einen Messejob verlor, war sie so perplex, dass sie nur noch davonlaufen konnte. "Die haben mich nach Hause geschickt, weil sie eine hellhäutige und blonde Frau an ihrem Stand haben wollten", erzählt die 28-Jährige.
Louise Jones kam im Alter von vier Jahren nach Deutschland, wuchs in Bonn auf und absolvierte in Köln und Berlin eine Schauspielausbildung. Sie arbeitet nebenbei als Kellnerin und Messehostess, da die Rollen für schwarze SchauspielerInnen rar gesät sind. "Ich bekomme meist total klischeebeladene Rollen, spiele die aidskranke Afrikanerin oder die Asylantin, die kein Deutsch kann", erzählt Jones. Dazwischen gebe es aber auch gute Angebote, im vergangenen Monat sei sie für einen Independentfilm auf einem Dreh in Tansania gewesen.
Den letzten Messejob habe sie über eine Freundin bekommen, die in dieser Geschichte Maria heißen soll. Gearbeitet haben die beiden auf einem Messestand einer ägyptischen Firma. Eine deutsche Hostessagentur haben den Job vergeben, das Geld sollte es bar auf die Hand geben. Schwarzarbeit ohne Vertrag also. 100 Euro sollten die Hostessen pro Tag bekommen, drei Tagen seien vereinbart gewesen.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, oft auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, trat am 18. August 2006 in Kraft. Verboten sind danach Diskriminierungen aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexueller Identität.
Die Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung (Telefon: 0 30/90 28 18 66) bietet Beratung an. Weitere Informationen finden sich
unter www.berlin.de/lb/ads.
Das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ADNB) des Türkischen Bundes (Tel.: 0 30/61 30 53 28)
ist eine Beratungsstelle für Menschen mit Migrationshintergrund und wird gefördert durch den Beauftragten des Senats für Integration und Migration. (ae)
Bereits am ersten Tag sei Maria zu ihr gekommen. Die Agentur habe angerufen. Sie brauche nicht mehr zu kommen. Sie solle ihr sagen, ein Aussteller sei abgesprungen, jetzt würden weniger Hostessen benötigt. Im vertraulichen Gespräch habe die Agentur gegenüber Maria gesagt: Der wahre Grund sei, dass die ägyptische Firma Ersatz für Louisa Jones angefordert habe, sie wollten eine hellere und blonde Frau, Schwarze hätten sie in Ägypten genug.
"Ich war so schockiert, dass ich nur noch heulen konnte und sofort gegangen bin", erzählt Jones. Eine andere Hostess habe sich solidarisiert und den Job hingeschmissen. Wieder eine andere Freundin habe ihr die Adresse einer Beratungsstelle besorgt.
Dass Louisa Jones beschloss, sich zu wehren, habe auch mit ihrer Geschichte zu tun. Im vergangenen Jahr sei sie am Bahnhof Ostkreuz von einer Gruppe Männer tätlich angegriffen worden. "Die haben mich als ,Negerhure' beschimpft, und einer hat mich getreten", erzählt Jones. Geholfen habe ihr niemand, obwohl der Bahnsteig voll gewesen sei. Am nächsten Tag auf der Polizeiwache sei sie nur auf eine gähnende Beamtin gestoßen. "Ich hab dann nichts mehr unternommen, wollte das einfach vergessen. Aber diesmal nicht, so etwas geht nicht", sagt Jones, die wegen des Überfalls eine Therapie machte.
Am Tag nach dem Vorfall auf der Messe geht sie zum Antidiskrimierungsnetzwerk Berlin (ADNB). Das Problem: Die Freundin Maria hat Angst bekommen und will nichts dazu sagen. "Der Fall ist schwierig, weil es keinen Arbeitsvertrag gab, und die Zeugin nicht aussagen will", erklärt Eva Maria Andrades Vasquez, Juristin beim ADNB. Klagen könne Jones deshalb nicht.
Die Projektleiterin Nuran Yigit vom ADNB kann aber über die ägyptische Botschaft erreichen, dass sich die Chefin der ägyptischen Firma mit Louisa Jones trifft. "Für die Betroffenen ist es wichtig, die Gefühle gegen die Verursacher richten können", erklärt Yigit das Ziel dieser Treffen. Die Firma sei zwar bei ihrer Version geblieben, habe sich aber für das Missverständnis entschuldigt und die Hälfte des Ausfalllohns gezahlt. Louisa Jones ist damit zufrieden. "Mir war wichtig, denen klarzumachen, dass sie mich so nicht behandeln können", erklärt Jones.
Hundert KlientInnen wenden sich jährlich an das ADNB, weil sie sich aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert fühlen. Klagen gab es im vergangenen Jahr keine.
Arbeitsrechtlich hätte Louise Jones vor Gericht zwar keine Chance gehabt, da es weder einen Arbeitsvertrag noch eine Honorarvereinbarung gibt. Hätte die Ägypterin Jones aber direkt gesagt, dass sie wegen ihrer Hautfarbe gehen muss, hätte Louisa Jones die Firma wegen Beleidigung anzeigen können, erklärt Eren Ünsal, Leiterin der Landesstelle Gleichbehandlung. Denn das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz regelt sowohl arbeitsrechtliche als auch zivilrechtliche Belange. An die Landesstelle Gleichbehandlung können sich Menschen wenden, die sich diskriminiert fühlen - im Jahr 2008 haben dort etwa 350 Menschen Hilfe gesucht.
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