DIE USA VERMITTELN WIEDER IM NAHEN OSTEN – IM EIGENEN INTERESSE: Durch Zwang zum Frieden
Die mörderische Eskalation in Palästina und Israel hat Washington alarmiert. Die USA können es sich nicht weiter leisten, die Region der abenteuerlichen Politik des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon zu überlassen. Der Preis für die strategischen Interessen der USA wäre zu hoch. Deshalb hat Außenminister Powell auch erstmals Scharon deutlich kritisiert. Und deswegen schickt Präsident Bush seinen Vermittler Anthony Zinni erneut in die Region. Doch Vermittlung allein kann weder die Gewalt beenden noch Frieden zwischen Israelis und Palästinenser stiften. Notwendig ist ein politisches Konzept, das einen Interessenausgleich zwischen den beiden Kontrahenten erzwingt. Ein solches vermisst man aber bisher in der Nahostpolitik der Bush-Administration. Die USA setzen immer noch auf den Mitchell-Plan, der von Anfang an eine Totgeburt war.
Nötig ist eine gezielte Politik, die israelische wie palästinensische Interessen im Sinne des internationalen Rechts in Einklang bringt. Und das können die USA, die EU und die arabischen Länder nur dann erreichen, wenn sie am gleichen Strang ziehen. Die Europäer haben schon seit Jahrzehnten eine Vorstellung von einem Frieden im Nahen Osten. Dazu gehört die Gründung eines palästinensischen Staates neben Israel. Die arabischen Länder sind heute auf dem Weg, die Friedensinitiative des saudischen Kronprinzen, der Israel Frieden und Normalisierung der Beziehungen gegen Land anbietet, mehrheitlich zu übernehmen. Ein klein wenig Hoffnung darf also sein.
Ein Frieden im Nahen Osten wird aber dadurch erschwert, dass die USA ihren Anti-Terror-Krieg auf den Irak erweitern wollen und dabei die Lösung des israelisch-arabischen Konfliktes hinten anstellen. Deshalb ist zu befürchten, dass die Mission des US-Gesandten Zinni sich am Ende als Vorbereitung eines US-Angriffs gegen die „Achse des Bösen“ entpuppt. Denn für eine solche Vorbereitung bräuchten die USA wenigstens zeitweise Ruhe in den palästinensischen Gebieten. Derartige Pläne sind jedoch in doppelter Hinsicht illusorisch. Zum einen ist eine Beruhigung der Lage ohne eine Lösung des Konflikts nicht mehr zu haben. Zum anderen kann man nicht den jetzigen Status quo im Nahen Osten aufrechterhalten und gleichzeitig einen Krieg gegen den Irak anzetteln. Inzwischen hat sich bei den Vernünftigeren in und außerhalb der Region die Auffassung durchgesetzt, dass der Sturz der Diktatur in Bagdad auch von einer gerechten Lösung des Nahostkonflikts abhängt.
ABDEL MOTTALEB HUSSEINI
Freier Journalist aus dem Libanon. Lebt in der Eifel
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