DIE TANKERBRANCHE SOLL FÜR IHRE KATASTROPHEN SELBER ZAHLEN: Nichts wird wieder gut
Jetzt streiten sich London und Madrid darüber, wer die Verantwortung für das Tankerunglück vor Portugals Küste übernehmen muss – der spanische EU-Verkehrsminister hatte angedeutet, Gibraltar habe seine Aufsichtspflicht verletzt. Und auch die niedrigen Sicherheitsstandards der Bahamas, unter deren Flagge der Öltanker „Prestige“ fuhr, sind in die Kritik geraten.
Dennoch scheint das Ansinnen des Verkehrsministers Francisco Álvarez-Cascos aussichtslos, andere Staaten mit in die Pflicht zu nehmen. Zu kompliziert sind das internationale Seerecht und die Vorschriften zur Entschädigung der Opfer maritimer Katastrophen. Und so werden wohl vor allem der spanische Steuerzahler und die Familien in Galicien, die bisher von Fischfang, Krabben- und Muschelzucht lebten, für das Unglück zahlen müssen. Letztere womöglich mit ihrer Existenz. Alles werde wieder gut, wollte sie gestern die griechische Reederei des Havaristen glauben machen: Die „Prestige“ sei doch versichert. Doch Versicherungen decken oft nur einen Bruchteil der Kosten.
Fein raus sind aber mal wieder die Reeder und Ölkonzerne. Ihnen kann es egal sein, woher das Geld kommt, um die Betroffenen zu entschädigen, solange es aus Steuergeldern stammt. Warum sollten sie sich dann um Sicherheitsstandards kümmern? Warum etwa den weiteren Weg draußen vor der Küste wählen oder den Tanker mit den teureren, doppelten Stahlwänden ausrüsten, wenn es doch billiger geht?
Nur wer Reeder und Ölkonzerne stärker in die Verantwortung nimmt, hat eine Chance, dass wir uns nicht immer wieder mit „Prestiges“, „Pindars“, „Erikas“ – oder wie die auseinander brechenden Tanker auch heißen – abfinden müssen. Zu hoffen bleibt, dass die Initiative von Verkehrsminister Manfred Stolpe zu neuen europaweiten Regelungen und kürzeren Übergangsfristen für unsichere Schiffe Erfolg hat. Denn einfach so kennen Reeder und Ölkonzerne keine Reue. Sie werden die letzten alten Tanker erst gegen neue austauschen, wenn sie bei einem Unglück richtig tief in die eigene Tasche greifen müssen. HANNA GERSMANN
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