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DIE REVISION DES STABILITÄTSPAKTES BRAUCHT MEHR TRANSPARENZBlaue Briefe reichen nicht

Es ist erst wenige Wochen her, da wurde im Rahmen des EU-Konvents darüber gestritten, wie die Entscheidungen des mächtigsten Ministerrats der Union, des der Wirtschafts- und Finanzminister, transparenter gemacht werden könnten. Den Wunsch der Parlamentarier nach mehr Öffentlichkeit bügelten die Teilnehmer von „Ecofin“ jedoch ab: Ihre Entscheidungsabläufe müssten geheim bleiben, denn auf jedes Detail würden sofort die internationalen Finanzmärkte reagieren.

Inzwischen jedoch halten sich längst nicht mehr alle Minister an ihre Schweigedisziplin; italienische oder französische Regierungsmitglieder fordern offen eine Reform des Euro-Stabilitätspaktes. Nur Deutschland, einst unter Kanzler Kohl und Finanzminister Waigel Zuchtmeister der Euroländer, betonte vor den Bundestagswahlen seine uneingeschränkte Treue zum Pakt. Dass diese Treue die nächsten Konjunkturprognosen nicht überstehen wird, ist eine nahe liegende Vermutung. Und der Meinungswechsel wäre nicht einmal falsch.

Die Regeln des Stabilitätspakts sind keine Zehn Gebote und auch nicht die Fünf Bücher Kohls. Immerhin zehn Jahre sind seit der Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht mit seinen Stabilitätskriterien für die Eurozone vergangen. Warum sollte er jetzt nicht einer Revision unterzogen werden? Die konjunkturelle Lage erzwingt es, Ausgaben für Investitionen und Bildung aus dem Haushaltsdefizit herauszurechnen, um nicht an den falschen Stellen zu sparen. Sogar unter deutschen Ökonomen gilt nicht mehr jede Reform als „Aufweichung“ und schlecht für den Euro-Wechselkurs.

Nur: Die Debatte muss öffentlich und offensiv geführt werden. Allein dies verhindert den Eindruck, dass der Pakt nur reformiert wird, um den wichtigen EU-Staaten einen blauen Brief zu ersparen. Eine Änderung der Stabilitätskriterien muss aus wirtschaftlichen, nicht aus politischen Gründen erfolgen. Dann werden die Märkte den Euro auch nicht fallen lassen. Vielmehr wird die Offenheit, mit der sich die EU zu einer Änderung ihrer bisherigen Politik bekennt, die immer noch ungeliebte Währung stärken. SABINE HERRE

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