DIE NIEDERLÄNDISCHE REGIERUNG ZERBRICHT AN DER „EISERNEN RITA“ : Das Ende der Anti-Multikulti-Illusionen
Es ist vorbei. Vorbei mit der strikten Immigrations- und Integrationspolitik, die die Koalition in Den Haag vertreten hat. Und vorbei vermutlich auch mit der politischen Karriere der Ministerin Rita Verdonk, die in ihrer Rolle als eiserne Rita diese umstrittene und äußerst restriktive Einwanderungspolitik vorangetrieben hat. Nach Monaten des Stolperns und des Abwartens ist der niederländische Premierminister Jan Peter Balkenende gestern zurückgetreten, die Bürger können nun mit vorgezogenen Neuwahlen rechnen.
Schon bei den Kommunalwahlen im März hatten die Niederländer ihre Regierung gewarnt; die Koalitionsparteien mussten damals starke Verluste hinnehmen. Vor allem die Einwanderer, die in den Niederlanden bei Kommunalwahlen das Stimmrecht haben, wählten links. Grüne und Sozialdemokraten fuhren hohe Gewinne ein, und in vielen Städten – zum Beispiel in Rotterdam – wechselten die Stadtoberen.
Ein Grund für die Wechselstimmung war schon damals die harte Einwanderungspolitik der Regierung, mit der immer weniger Niederländer zufrieden sind. Rita Verdonk führte nämlich nicht nur einen Einwanderungstest für alle Kandidaten ein, in dem sie – noch in ihrem Heimatland – einen Sprach- und Wissenstest absolvieren mussten. Sie forderte auch, dass in den Straßen nur noch Niederländisch gesprochen werden sollte, und hielt die niederländische Leitkultur hoch. Immer wieder entschied sie auf Abschiebung, wenn ein Asylantrag nicht ganz eindeutig war. All das ertrugen ihre Koalitionspartner von der liberalen D66 noch.
Doch dann kam die Ayaan-Hirsi-Ali-Affäre, die sich über Wochen hinzog. Verdonk wollte der beliebten Abgeordneten aus Somalia, die übrigens der gleichen Partei angehörte wie sie, die Staatsbürgerschaft entziehen, weil sie bei ihrem Asylantrag 1992 falsche Angaben gemacht hatte. Das war den D66-Ministern am Ende dann doch zu viel.
Zum Glück. Jetzt gibt es vorgezogene Wahlen, und aus denen werden – allen Umfragen zufolge – die Sozialisten als Sieger hervorgehen.
CLARA ROSENBACH