DIE GESELLSCHAFTSKRITIK: Gepampert, über die Zeit hinaus?
WAS SAGT UNS DAS? Junge Frauen lassen das Elternhaus früher hinter sich als junge Männer, sagt das Statistische Bundesamt
Im eigentlichen Sinne ist diese Meldung, die die oberste Statistikbehörde des Bundes aktuell verbreitet, gar keine: Es war nämlich schon früher so. Junge Frauen entfernten sich schon in den siebziger Jahren eher von Mama und Papa als gleichaltrige Männer. Das hat vor allem etwas mit dem Willen zur Autonomie zu tun, mit dem Wunsch, das zu schaffen, was eben Erwachsenwerden auch bedeutet: von den Eltern unabhängig zu werden.
Verblüffend an den Befunden der aus der jährlichen Haushaltsbefragung gewonnenen Daten ist eher, dass im Alter von 30 Jahren 12 Prozent der Männer und 5 Prozent der Frauen noch im Elternhaus wohnen. Natürlich kann es sein, dass Eltern gepflegt werden müssen – aber das sind Ausnahmen. Erstaunlich sind die Zahlen deshalb, weil sie zeigen, dass Eltern wie eh und je ihre Kinder nur ungern ziehen lassen – und dass Kinder es mögen, wenn sie im „Hotel Papa & Mama“ weiterhin Herberge haben: aus Angst vor der Selbstständigkeit, aus Furcht, die schützenden Eltern nicht mehr unmittelbar im Hintergrund zu wissen.
Dass junge Frauen heute wie einst stärker dazu neigen, mag vor allem daran liegen, dass an sie stärkere familiäre Wünsche herangetragen werden: putzen, kochen, Geschwister hüten. Dass sie eher als Jungen diese Zumutungen fliehen, spricht für sie und für ein gesundes Verhältnis zum Abenteuer Leben in Freiheit, auch von familiären Zugriffen. JAF
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