DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Für alle, die Musik nicht lieben
Was sagt uns das? Es gibt ein neues Album von Take That. Na und? Falsche Frage!
Aha, ein neues Album von Take That. Muss das sein? Wer der fast prototypischen Boyband auf ihrem Zenit lauschte, dürfte noch zu jung gewesen sein, sich wirklich für Musik zu interessieren. Da ging’s, seien wir ehrlich, eher um die richtigen Tanzschritte und darum, wer von den Jungs nun „süß“ sei und wer „wild“, wer „langweilig“ und von wem, wenn es mit der Gruppe mal zu Ende gehen sollte, noch etwas zu erwarten wäre. Damals tippten alle auf Gary Barlow, das Rennen machte bekanntlich Rrrrrobbie Williams, und auch dieses Rennen ist inzwischen gelaufen.
Zeit also für einen Neustart, zumal die Vorbestellungen für die kommende Welttournee 2011 schon jetzt alle Rekorde brechen. Dabei könnten Take That es wesentlich ruhiger angehen lassen, als sie es nun auf „Progress“ getan haben – und wieder Musik machen für Leute, die keine Musik mögen. So aber ist die breitwandballadeske Single „The Flood“ der einzige Song, der noch an „früher“ erinnert. Parapubertäre Schmachtvorlagen, wie sie Gary Barlows Stärke waren, sucht man auf diesem Album vergebens. Stattdessen regiert tatsächlich – der Fortschritt! Und zwar in Form elektronisch versiegelter Tanzstücke, bei denen neben Robbie Williams’ Flop „Rudebox“ auch der kreativ im Schatten stehende Mark Owen Pate stand. Das ist, wenn schon keine gehobene, so doch moderne Unterhaltung auf der Höhe der Zeit, ambitioniert und textlich deutlich dunkler, als man es von der Gruppe erwartet hätte. Der wichtigste Mann bei diesem Album dürfte der Produzent Stuart Price gewesen sein, der auch schon Madonna, The Killers oder Scissor Sisters unter seinen Fittichen hatte – die beste Musik also, die man für Geld kaufen kann. Und unwillkürlich und auch ein wenig widerwillig an die Quatschrocker von Queen und den progressiven Pomp von Muse erinnernd. Britische Popgeschichte also, to be continued. Natürlich muss das alles nicht sein. Aber was muss schon? FRA