DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Vorsicht, Brusthaar
WAS SAGT UNS DAS? An einer Schweizer Schule wollen Lehrer künftig auf ihr Äußeres achten
Mütze ab, Jacke aus, Kapuze runter, Baggy-Hose mindestens bis über den Po ziehen! Wer erinnert sich nicht daran, ausgerechnet in der rebellischen Teenie-Phase so getriezt worden zu sein. Im Handumdrehen wurden uns die kläglichen Versuche, unsere Individualität per Kleidung auszudrücken, ein bisschen rebellisch zu sein, ausgetrieben. Von wem? Von LehrerInnen. Genau, von diesen schlecht gekleideten Erwachsenen. Stilmäßig war bei ihnen immer Luft nach unten: Birkenstocks und gelbe Fußnägel, weit aufgeknöpfte Hawaiihemden mit herausquellendem Brusthaar, T-Shirts mit „frechen“ Sprüchen drauf. Stil-Fauxpas, so viele wie ausgefallene Stunden. Grundsätzlich galt: geschmacklos – geschmackloser – Lehrerschuhe.
Im Jahr 2014 und noch immer regiert hinter Lehrerpulten der schlechte Stil. Nur an einer kleinen Schweizer Schule regt sich Widerstand. Rund 300 LehrerInnen nahmen in Kreuzlingen an dem Seminar „Auftreten, wirken, begeistern“ teil. Dort entwickelte der Stilberater Jeroen van Rooijen ein Kleidungskonzept fürs Klassenzimmer – der Lehrkörper will sich fortan daran halten. Konkret bedeutet das: keine Hoodies, Spaghetti-Tops, Hausschuhe, Flipflops, kurze Hosen oder Röcke. Kein sichtbares Brusthaar. Kein Achselhaar. Nicht mal ein Zottelbart.
Wie soll man diesen seltsamen Berufsstand künftig abseits des Schulgeländes erkennen, wenn er sich kleidet wie wir? Schließlich haben LehrerInnen jahrzehntelang daran gearbeitet, ihren Ruf als Lumpenproletariat unter den ArbeitnehmerInnen zu zementieren. Langsam und stetig. Mit jedem Paar Crocs. Mit jeder Föhnfrisur. SVO