DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Happy :(
PROTESTPOP US-Star Pharrell Williams erinnert mit seinem Auftritt bei den Grammy Awards an die Opfer rassistischer Gewalt
Ja, „Happy“ ist oll und geht allen auf die Nerven. US-Popstar Pharrell Williams hat nach über einer Dekade des Produzentendaseins im Jahr 2014 endlich einen eigenen, solo-performten, riesengroßen Mega-Hit gelandet, zu dem zigtausend Amateurvideos gedreht wurden. Ja, alles schon gesehen, Schnee von gestern. Aber wie happy sind wir 2015 noch?
Diese Frage hat sich Williams offenbar vor seiner Performance bei den Grammy Awards am vergangenen Sonntagabend auch gestellt. Er hat seinen Hit schon wieder zum gefühlten 13.789. Mal gespielt. Aber diesmal anders. Aufmerken ließ schon das düstere Intro: Williams, ganz in Schwarz, schleicht auf die Bühne und trägt seine Songzeilen wie ein Horrorgedicht vor, während er fragend in die Dunkelheit blickt. „Happy“ klingt diesmal ziemlich tragic, weil im Hintergrund dramatische Streichmusik vom Filmkomponisten Hans Zimmer läuft, der schon erbarmungslose Szenen in Blockbustern wie „12 Years a Slave“ angemessen zu vertonen wusste.
Dann die Tänzer – nein, es sind keine arschwackelnden Fashion Models mehr, sondern anonymisierte Gestalten, die Trauer tragen. Ihr einheitliches Outfit ist der seit Trayvon Martins Erschießung zum Symbol der Gewalt gegen Afroamerikaner avancierte Hoodie. Und gerade als der Refrain ansteht, den natürlich alle mitsingen wollen, kommt es zu einem weiteren Bruch. Statt Glückstänzchen bekommen wir den Pianisten Lang Lang bei einem virtuosen Solo zu sehen, während Pharrell Williams, TänzerInnen und Streicherinnen alle in ein und derselben Pose erfrieren: Hands up, don’t shoot, jene Geste, die wiederum seit Michael Browns Erschießung in Ferguson als Protestsymbol gegen rassistische Polizeigewalt gilt.
Ein smarter Move, der zeigt, dass bei derartigen Missständen nicht mal „Happy“ happy sein kann. FAY