DIE EU MUSS ULTRALIBERALISMUS DES SEEHANDELS EINSCHRÄNKEN: Kontrollen statt Katastrophen
Natürlich kann man nach einer Katastrophe wie jetzt dem Untergang der „Ievoly Sun“ darüber diskutieren, Stürme und tückische Tiefenströmungen abzuschaffen. Aber damit kann man garantiert nicht die nächste Öko-Katastrophe verhindern. Denn die ist längst auf den Weltmeeren unterwegs – in Frachtern mit Erdöl, Chemie, Plutonium oder anderen Giften an Bord.
Doch die ständig drohende Gefahr geht nicht nur von den hunderten rostigen, rissigen und schlecht gewarteten Schiffbäuchen aus. Sie ist auch Folge von extremer Personalreduzierung, von Dumpinglöhnen und vielfach unsäglichen Arbeitsbedingungen an Bord. Sie hängt mit Tankleerungen auf hoher See zusammen, um die Entsorgungskosten zu sparen. Mit Gefälligkeitstestaten, in denen „Kontrollgesellschaften“ Reedern bescheinigen, ihre Schiffe seien verkehrsfähig. Und mit multinationalen Konzernen, die für ihre Mineralöl- und Chemietransporte die billigsten Angebote wählen. Schließlich sind da noch die Staaten und supranationalen Organisationen wie die EU, die weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene Mechanismen und Institutionen geschaffen haben, die in der Lage wären, das Transportgewerbe zur See angemessen zu kontrollieren.
Auf den Weltmeeren hat sich ein Ultraliberalismus entwickelt, der nichts als die Regel des größtmöglichen Profits kennt. Aber die Sicherheit zur See, die Reinheit des Wassers und der umgebenden Küsten dürfen nicht allein den Reedern und ihren Kunden überlassen werden.
Der Untergang des Öltankers „Erika“ vor zehn Monaten und jetzt jener des Chemietankers „Ievoly Sun“ vor der französischen Küste, zeigen, dass die Europäische Union dringend handeln sollte und nicht bis zur nächsten Öko-Katastrophe warten darf: Sie muss eine europäische Küstenwache schaffen, muss die Häfen mit der Kompetenz ausstatten, maroden Schiffen das Auslaufen zu verbieten, muss die Sicherheitsnormen anheben und Personal ausbilden und einstellen, um die technischen Kontrollen in den Häfen zu verschärfen.
Wenn diese Regeln bereits am Sonntag in Kraft gewesen wären, hätte die „Ievoly Sun“ erst gar nicht in See stechen dürfen. DOROTHEA HAHN
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