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DIE – die Unbestechlichen?

■ Konsequenzen aus Polizeiskandal: Neues Dezernat ermittelt gegen schwarze Schafe und „Schwarze Sheriffs“ / Direkter Draht zum Senator Von Iris Schneider

Hamburgs Innensenator Hartmuth Wrocklage zieht endlich erste Konsequenzen aus dem Polizeiskandal: Der Präsidialstab „Ps3“, die in Verruf gekommene polizeiinterne Ermittlungsgruppe bei Beamtendelikten, ist aufgelöst worden. Vor Übergriffen durch Polizisten soll die Bürger ab sofort DIE schützen: Das Dezernat für Interne Ermittlungen, das auch eine weitere Gruppe von schwarzen Schafen in Uniform ins Visier nehmen soll: Die „Schwarzen Sheriffs“ auf Hamburgs Bahnhöfen.

Seit Anfang Februar arbeitet DIE bereits. Zwar noch unter dem Dach des Polizeipräsidiums am Berliner Tor, organisatorisch jedoch direkt Innenbehörden-Staatsrat Wolfgang Prill unterstellt. Auch der Umzug der neuen Abteilung direkt in die Innenbehörde am Johanniswall – und damit auch die räumliche Trennung vom Präsidium – wird derzeit erwogen.

Im Unterschied zum alten Ps3 sind rund um die Uhr Beamte des Dezernats rufbereit. Wer abends oder am Wochenende Übergriffe von Polizisten erleidet, kann sich jetzt sofort mit den Spezial-ErmittlerInnen in Verbindung setzen und muß nicht mehr bis zum nächsten regulären Arbeitstag warten. „Das wird die Verfahren beschleunigen“, hofft Peter Mihm, Sprecher der Innenbehörde.

Im Unterschied zu früher werden die Beamten des DIE auch nicht mehr nur vom Schreibtisch ermitteln, in Zukunft dürfen sie vor Ort selbst Beweise sicherstellen. Eine Forderung, die der kritische Polizist und GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Manfred Mahr schon seit langem erhebt: „Man sollte über den eigenen Schreibtisch hinaussehen und mal intensiver ermitteln“. Neu ist auch, daß das Dezernat selbständig Ermittlungen aufnehmen kann.

Offenbar rechnet Innensenator Wrocklage mit reichlich Arbeit für DIE: Insgesamt 21 Mitarbeiter wird die Dienststelle haben, „Ps3“ hatte nur 12. Besonders stolz ist Peter Mihm auf den sogenannten Auswerter, der präventiv tätig ist. Er soll, so Mihm, „frühzeitig erkennen, wenn es auf Revieren Unstimmigkeiten gibt“, sprich: Verdacht auf Korruption, Übergriffe oder „zu enge Kontakte zum Milieu“.

Das Dezernat, dem kein Ex-„Ps3“-Beamter angehört, ermittelt auch bei Delikten von Mitarbeitern privater Wachdienste, wenn diese „quasi hoheitlich“ tätig werden. Hintergrund dafür ist ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts. Dieses hatte festgestellt, daß diesen Bediensteten „Amtsträgereigenschaft“ zukommt, wenn sie in öffentlichen Verkehrsmitteln das Hausrecht wahrnehmen. „Das macht durchaus Sinn“, meint Manfred Mahr, angesichts der Tatsache, daß Mißhandlungen von Obdachlosen, Junkies und Ausländern – im Sicherheitsjargon „Mumpfen“ genannt – wie „Schläge in die Kniekehlen oder auf die Oberschenkel durchaus an der Tagesordnung“ seien.

In einer kleinen Anfrage an den Senat will der GALier denn auch wissen, wieviele Übergriffe schwarzer Sheriffs im vorigen Jahr bekannt wurden. Zahlen konnte Innenbehördensprecher Mihm gestern jedoch noch nicht nennen, denn „DIE läßt sich zur Zeit alle Akten gegen private Sicherheitsdienste schicken“. Frühestens Ende des Monats seien Ergebnisse zu erwarten, so Mihm.

Die Staatsanwaltschaft war bis gestern über das neue Spezial-Dezernat offiziell noch nicht informiert. Deren Sprecher Rüdiger Bagger zeigte sich jedoch gegenüber der taz durchaus angetan von der Neuerung: „Eine Abteilung bei uns, die dem DIE entspricht, wäre wünschenswert“.

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