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DGB mischt sich in Hartz-IV-Streit einMehr Härte gefordert

DGB-Chef Sommer fordert einen Hartz-IV-Kompromiss mit Fortschritten bei Bildung, Mindestlöhnen und Zeitarbeit. CDU und FDP sollten zudem nachgeben und ihre "Spielchen" beenden.

Es geht um mehr als nur eine Regelsatz-Erhöhung: Hartz-IV-Streit im Bundesrat. Bild: dpa

HAMBURG dapd | Im zähen Streit um die Hartz-IV-Reform hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Opposition zu "entschiedener Härte" aufgefordert. DGB-Chef Michael Sommer verlangte am Montag auf Spiegel Online zugleich von der Berliner Koalition Kompromissbereitschaft.

"Ohne echte Fortschritte beim Bildungspaket, vor allem aber bei Mindestlöhnen und Zeitarbeit, darf es keinen Kompromiss im Vermittlungsausschuss geben", sagte Sommer. "Wer heute faule Kompromisse eingeht, wird es im nächsten Wahlkampf spüren", fügte er hinzu. Er appellierte an Union und FDP, in den Verhandlungen mit der Opposition nachzugeben. "Die Regierungskoalition muss sich endlich bewegen", sagte er. "Wir erkennen sehr genau, ob jemand versucht Spielchen zu spielen oder ernsthaft agiert."

Am Montagabend will eine Spitzenrunde aus Vertretern von Bund und Ländern erneut Kompromissmöglichkeiten für die Hartz-IV-Reform ausloten. An den Verhandlungen nehmen neben Bundessozialministerin von der Leyen auch Bayerns Ministerpräsident Seehofer sowie weitere Politiker von Koalition und Opposition teil. Die Runde will über die Erhöhung der Regelsätze für Erwachsene, das Bildungspaket für Kinder sowie über die Einführung von Mindestlöhnen für Zeitarbeiter beraten.

Einigkeit besteht darüber, dass für Zeitarbeiter zumindest Lohnuntergrenzen eingeführt werden müssen. Offen ist aber, ab wann Leiharbeiter der Stammbelegschaft gleichgesetzt werden sollen.

Weit auseinander sind die Positionen vor allem beim künftigen Regelsatz der Sozialleistung: Von der Leyen will den Satz für die rund 4,7 Millionen Erwachsenen um 5 auf 364 Euro im Monat aufstocken. SPD, Grünen und Linken ist das zu wenig.

Spitzenpolitiker von SPD und Grünen haben bereits mit einer Blockade gedroht, falls die schwarz-gelbe Koalition ihnen nicht deutlich entgegenkomme. Der Bundesrat soll am 11. Februar über ein Ergebnis des Vermittlungsausschusses abstimmen.

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14 Kommentare

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  • G
    German

    Das ist noch nicht alles. Wieviele verdienen an der Arbeitslosigkeit, am Hartz-IV, an der Armut anderer mit? Gäbe es o.g. Personenkreis nicht, hätten die JobvermittlerInnen, die Verwalter der Armut, Leih-/Zeitarbeitsfirmen und all die vielen anderen "Armutsprofiteure" ebenfalls kein Einkommen, geschätzt 200.000.

  • GF
    Gerda Fürch

    Der DGB als Dachverband der Einzelgewerkschaften sollte endlich mutiger (!) werden. Hier werden zwischen CDU und FDP k e i n e "Spielchen" gespielt, sondern das ist knallharte Sozialpolitik, und zwar in Richtung - abwärts! Nach ganz unten!

     

    Es wundert nicht, wenn DGB und die einzelnen unter seinem Dach organisierten Gewerkschaften weiter so zaghaft und so zurückhaltend sind, daß den Gewerkschaften immer mehr Mitglieder weglaufen, austreten und nur sehr wenige Junge und Mittlere in die Gewerkschaften eintreten, um mehr Rückhalt durch Rechtsschutz im Arbeitsleben/Berufsleben zu haben.

     

    Mich wundert es jedenfalls nicht!

     

    Aber die Arbeitgeber, vor allem der BDA, BDI und der DIHKT, wundert das nicht, sondern die feixen sich doch einen, freuen sich sehr über diese gewerkschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland mit weniger Arbeitnehmerschutzrechten und weniger Mitbestimmung in den Betrieben.

     

    Siehe auch Wirtschaftsforum in Davos!

    Die "taz" möge bitte ausführlich aus Davos berichten und auf besonders brisante Redebeiträge achten und dann im Wortlaut als "Dokument" (wie einst Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung) im Wirtschaftsteil abdrucken.

     

    Ich hoffe sehr, dafür wird Platz in der Zeitung eingeräumt, für gute Hintergrundberichte und "Dokumente" aus Davos.

  • EN
    Ein noch Geschäftsfähiger

    Vom Sozialstaat zum Betreuungsstaat. Die ARGE der gesetzliche Betreuer (Vormund) der Armen. Es fehlt dann nur noch das der H4 Empfänger die Wahl hat die Geschäftsfähigkeit aberkannt zu bekommen oder er bekommt kein Geld mehr vom Staat. Bei Teilnahme an Demos 30% Abzug für 3 Monate weil er nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand. Die ständigen Gesetzesänderungen deuten irgendwie darauf hin. Wenn den ARGE´n noch mehr Entscheidungsspielraum gegeben wird wo nach Nase des Antragstellers entschieden werden kann, werden die Anfechtungsklagen noch mehr werden. Mich würde auch nicht wundern wenn eines Tages Hohlkörper mit Schlitz auf einigen Schreibtischen stehen würden.

  • WB
    Wolfgang Banse

    DGB muss stärker werden

    Die Stimmen,was das Hartz IV Papier betrifft,sind zu leise,was die Kirchen,Wohlfahrtsverbände undGewerkschaften im DGB betrifft.

    Fordern und kämpfen ist die eine Sache,die Massenerwerbslosigkeit zu beheben,die andere.

    Wo bleibt der Einsatz des DGB was gehandicapte erwerbslose Arbeitnehmer anbetrifft?

    Nicht nur an den Worten werdet ihrt gemessen,sondern an den Taten.

    Die Gewerkschaften und der DGB sind gefordert,etwas gegen die Massenerwerbslosigkeit in den eigenen Reihen zu tun.

    Worte müssen in Taten umgesetzt werden,auch im Bezug auf den Mitgliederschwund und der Glaubwürdigkeit.

    Wolfgang Banse

  • A
    Agnes

    Diskutiert wird derzeit leider nur über das Bildungspaket und mickrige Regelsatzerhöhungnen, für Erwachsene, für Kinder nicht. Kinderfreundlichkeit ade!

    Verschwiegen wird in der Diskussion, dass es sich eigentlich um massive Gesetzesänderungen handelt: Einführung von Hartz V.

    Hier einige der neuen Unbenannten: Nicht diskutiert wird die volle Anrechnung von Pflegepauschalen, Ehrenamtspauschalen, z.B. von Kommunalpolitikern, Übungsleiterpauschale, u.s.W.: alles wandert sofort in die Taschen der Jobcenter!!! Ehrenamt wird für Hartz IV Bezieher unmöglich gemacht: ein weiterer Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben.

    Wegfall von Rentenversicherungsbeiträgen: das bedeutet: nach 3 Jahren Hartz IV hat man keinen Anspruch mehr auf medizinische oder berufliche Rehabilitation. Wo sind wir eigentlich??

    Wegfall des Erziehungsgeldes: Sind Kinder aus Hartz IV Familien nicht unterstützenswert, sind sie nicht gewünscht? Sollen diese Mütter die kleinsten unserer Gesellschaft unter finanziellem Stress säugen??

    Entmündigung der gesamten Hartz IV-Eltern in Bildung und Kulturfragen. Das Jobcenter bestimmt,ob Nachhilfe gewährt wird und welcher Anbieter genommen wird. Das Jobcenter bestimmt, welches Sport- und Kulturangebot genehmigt wird. Wer gibt der Regierung das Recht zu dieser pauschalen Entwürdigung der Hartz IV Familien? Und keiner schreit auf! Auch nicht der DGB.

    Verschärfungen im Bereich der Miete sind geplant. Dann kann pauschal festgelegt werden, welche Mieten finanziert werden. Egal ob es die in der Stadt oder im Kreis überhaupt gibt. Das ist eine riesige Schweinerei und geht am Urteilsspruch der Karlruher Richter vom Feb. 2010 vollkommen vorbei, die eine Realitätsangemessenheit in allen Bereichen fordern.

    Mit der Diskussion um diese Posten wie Regelsatz und Bildungspaket, die auch sehr wichtig sind, wird aber von den eigentlichen und auch weitreichenderen Veränderungen abgelenkt.

    Hoffentlich wacht mal jemand auf und spricht über den ganzen, komplexen Skandal, der uns da ins Haus steht. Vielleicht schafft es ja auch mal der DGB, sich von den Forderungen der SPD abzukoppeln und eigene Forderungen aufzustellen.

    Es ist abzusehen, dass in einigen Jahren diese Gesetzte wieder vom Bundesverfassungsgericht gekippt werden. Aber solange kann man ja bei den Ärmsten der Bevölkerung sparen und diese noch weiter aus dem gesellschaftliche Leben abkoppeln.

  • MM
    M. M.

    Bei der Verschlechterung von Hartz IV und SGB II geht es nicht nur um die Regelsätze und das Bildungspaket für Kinder und Jugendliche.

    Die eigentlichen Gemeinheiten verstecken sich in den Änderungen im SGB II. Sollte das so beschlossen werden, wird das schlimm für die Betroffenen. Da ist der Willkür Tür und Tor geöffnet. Das Bundesverfassungsgericht hat den Parteien CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne nicht nur den Artikel 1 GG, sondern auch den Artikel 20 Satz 1 GG ins Urteil geschrieben. Artikel 20.1 sagt aus, dass Deutschland ein Sozialstaat ist. Ausdrücklich wurde auf diesen Artikel hingewiesen, da dieser vor dem sog. Lohnabstandsgebot steht.

  • RW
    Ralf Wünsche

    Wer glaubt daran ? DGB hat was sog. " Hartz IV " angeht selbst mitgewirkt in dieser sog. " Kommission " deren Vorsitzender von der IG - Metall in einem Autokonzern zur korrumpierung der dortigen

    Betriebsräte zuständig gewesen ist.

    Die anderen Vertreter kamen von der IG Chemie , Papier , Keramik und von der Dienstleistungs-

    gewerkschaft VERDI !

     

    Wer jetzt als " Kämpfer " auftritt ist vom Ansatz unglaubwürdig , hat auch der damit selber Arbeitslose und Arme verraten !

     

    Was will man mit solchen deutschen Gewerkschaften ?!

  • FB
    Franz Beer

    Die CDU-CSU-FDP koalition sollte sich was schämen,Menschen die arm sind ,nur ,,5 Euro,,im Monat ,,anzubiedern,,Was meinen denn diese Politiker? 5 Euro im Monat toll ,alle Jubeln.Dann Rechenexempel.Nö nicht 35 Euro sondern nur 5 Euro.Andererseits bekommt die Atomlobby Mrd.Euro.Dann die armen Banken.Die brauchen auch noch Mrd.BW ist auch noch da.Tja liebe Alleinerziehende und alle Bezieher von H4 und Rentner Ihr habt einfach mal die A,,,Karte gezogen. Bei euch kann man sparen.Ihr habt keine Lobby.Vieleicht sollte Angela mal nachdenken und einsehen das unter Ihrer Regierung die ,,Generation Arm,,groß wird.Und das es Menschen sind die bei der Tafel anstehen. Wahlen sind bald,Richtige Stelle Kreuzchen machen.

  • E
    EU-Gegner

    Das Problem für die vielen Hartz 4 und ähnliche Haushalte würde damit aber nicht erledigt.

    Erwerbsverhältnisse mit ausreichend Einkommen werden definitiv nicht mehr werden, sondern durch steigende Produktivität der Unternehmen und Hilfsmittel werden Jobs von denen sich jemand auch ernähren kann immer weniger. Und gegen die daraus folgende Verarmung der Bevölkerung hilft auch kein Hartz 4 mit erhöhtem Satz.

    Wenn wir damit so weitermachen sind wir bald genau da, wo z.B. der Kongo oder ähnliche Staaten (auch z. B. Tunesien) heute schon sind.

     

    Weil so viele Lobbys und Typen in unserer Gesellschaft mitentscheiden wollen und machtgeil sind, ist der Wiederstand gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen auch so stark. Denn dann würden viele Posten und Pöstchen und Entscheidungsebenen wegfallen. Wie schlimm für solche Leute.

    Außerdem wäre dann die Bevölkerung/Arbeitnehmer von den Unternehmern nicht mehr erpressbar und die Existenzberechtigung von Gewerkschaften gefährdet.

     

    Deshalb: Bedingungsloses Grundeinkommen von 1500 Euro - Jetzt - Sofort

  • N
    Nadi

    Der DGB nennt keine Zahl für die Erhöhung der Regelsätze, sondern fordert Sachen, die dem eigenen Klientel nützlich sein könnten. In diesem Sinne sollte der Gewerkschaftsbund auch mal an die arbeitslosen Mitglieder denken. Das Doppelte von 5 EURO sind 10 - das ist Nichts, wenn man Preissteigerung, Inflation und gestiegene Nebenkosten ansieht.

    Nur Mut DGB, fordert mal 100 EURO - die Hälfte davon wären 50 EURO und das würde wenigstens etwas nützen.

    Aber ich erwarte von SPD (und DGB) nicht viel, gerade in dieser Frage lauert der faule Kompromiß gleich um die Ecke.

    Das Problem mit den Mindestlöhnen ist einfach: Die SPD hat einen fatalen Fehler in die Zeit- und Leiharbeitsbranche eingepflanzt, wenn ein Tarifvertrag besteht, regelt der Entlohnung, Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen. Wenn gelbe Gewerkschaften Verträge machen, gelten die, können erst per aufwendigen Gerichtsverfahren aufgehoben werden. Und dann muss man die einzelnen Firmen auch noch festnageln, um die entstandenen Schäden auszugleichen.

    In diesem Sinne: Ein Mindestlohn wird nicht reichen, um diese Trickserei zu beenden. Die Forderung danach endet sowieso in die Verhandlung über die Höhe und dann kommt möglicherweise etwas Schlechtes dabei heraus.

  • W
    Westberliner

    Fälschlicherweise wird die Leiharbeit als "Zeitarbeit" bezeichnet.

     

    SPD, Grüne, CDU, CSU und FDP mögen erklären, wieso "Die Linke" für heute (Montagabend) nicht eingeladen wurde. Das Bundesverfassunsgericht hat SPD, Grüne, CDU, CSU und FDP im Namen des Volkes bescheinigt, dass die HartzIV-Gesetze verfassungswidrig sind und die Menschwürde missachten.

     

    Ich fordere daher die Beobachtung dieser Parteien durch den Verfassungsschutz.

  • AA
    Alfons Alias

    Da stellt sich die Frage, was ist mit den Bescheiden die sich auf noch nicht verabschiedete §§ berufen. Ist der Bescheid dann ungültig oder muss

    jeder dem sofort Widersprechen. Ist das ein gesetzloser Zustand oder gelten noch die alten §§. Auf jeden Fall ist das eine Sauerei.

  • C
    Celsus

    Allerdings sollten wir da nicht vergessen, dass das sogenannte Hartz IV unter einer Bundesregierung aus SPD und Grünen eingeführt worden ist und die Abgeordneten mit Gewerkschaftsmitgliedschaft nicht dadurch glänzten, dass sie dagegen gehalten hätten. Ganze 6 Abgeordnete der SPD haben damals nur gegen Hartz IV gestimmt.

     

    Aber die Gewerkschaften tun gut daran, auch für die Anhebung von Hartz IV zu stimmen. Und das nicht nur, weil auch Arbeitslose Mitglieder der Gewerkschaften sind. Die gesellschaftliche Ausstrahlung auf die Arbeitsbedingungen und die unteren Lohngruppen ist nicht zu büersehen. Je niedriger die Leistungen von Hartz IV desto stärker der Druck auf Arbeitnehmer auch zu Dumpinglöhnen zu arbeiten und zahlreiche unbezahlte Überstunden zu schieben. Mindstlöhne neben dem derzeitigen Hartz IV drohen deswegen weitestgehend eien Farce zu sein. Genau so eine Farce wie die Vereinbarung von Arbeitsstunden in Tarifverträgen, wenn ohnehin schon zahlreiche unbezahlte Überstunden geschoben werden.

  • M
    Marc

    Wenn es nicht klappt, dann kann Sommer ja immer noch mit seinem heißen Herbst drohen