piwik no script img

DGB-Studie zur "Guten Arbeit"Jeder Zweite schafft prekär

Laut einer DGB-Studie sind Arbeitnehmer in unbefristeten Jobs inzwischen in der Minderheit. Und ein Drittel aller Jobs besteht aus „schlechter Arbeit“.

Callcenter sind gegenwürtig so etwas wie der Inbegriff von Arbeitsstätten voll prekärer Jobs und miesen Arbeitsbedingungen. Bild: dpa

Jeder zweite Arbeitnehmer ist unter unsicheren Bedingungen beschäftigt und lediglich jeder achte Beschäftigte ist mit seinen Arbeitsbedingungen zufrieden. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „DGB-Index Gute Arbeit 2008“ des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Der Index beruht auf einer Umfrage zu Arbeitsbedingungen und zur Arbeitszufriedenheit unter rund 6.800 repräsentativ ausgewählten Beschäftigten.

Nur noch 47 Prozent der Beschäftigten arbeiten der Studie zufolge in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und verdienen mehr als 2000 Euro Brutto. Diesen Maßstab legt der DGB an, um von „sicherer“ Beschäftigung zu sprechen. Demnach sind die verbleibenden 53 Prozent unsicher oder prekär beschäftigt. „Prekäre Beschäftigung ist längst kein Randphänomen mehr“, sagte DGB-Chef Sommer am Donnerstag in Berlin. Dies habe Konsequenzen für die gesamte Gesellschaft, die „brandgefährlich“ seien. „Wer setzt Kinder in die Welt, wenn der Arbeitsvertrag in ein paar Monaten ausläuft? Wer macht größere Anschaffungen, wenn nicht klar ist, wie lange noch Geld reinkommt? Und wer kann etwas fürs Alter zurücklegen, wenn es nicht mal für heute und morgen reicht?“, so Sommer.

Zudem ist mit 32 Prozent fast ein Drittel der Befragten mit der eigenen Arbeitssituation unzufrieden und bewertet sie als mangelhaft. Etwa die Hälfte (55 Prozent) beurteilt die eigene Situation als mittelmäßig. Nur 13 Prozent der Arbeitsplätze werden von den Befragten als umfassend positiv beschrieben.

Zwar stieg der DGB Gesamtindex "Gute Arbeit" im Vergleich zum Vorjahr um einen Zähler auf 59 Punkte. Aber der DGB sieht dennoch große Defizite und ein erhebliches Verbesserungspotential. „Aus Sicht der Beschäftigten bleibt die Qualität der Arbeit um 21 Punkte hinter den Anforderungen an gute Arbeit zurück, liegt aber nur neun Punkte oberhalb der Grenze zu schlechter Arbeit“, sagte Sommer. Der berufliche Alltag sei geprägt von Arbeits- und Zeitdruck, körperlich einseitiger oder schwerer Arbeit sowie emotionalen Belastungen. Das führe dazu, dass im Schnitt nur die Hälfte der Arbeitnehmer glaubt, bis zum 67. Lebensjahr arbeiten zu können. Die Rente mit 67 bleibe daher „ein großer politischer Fehler“, so Sommer.

Drei Kategorien flossen in den den DGB-Gesamtindex ein: „Ressourcen“ (Kreativität, Aufstiegsmöglichkeiten oder Führungsqualitäten), „Belastungen“ des Berufslebens (Arbeitsintensität, körperliche und emotionale Anforderungen) und „Einkommen und Sicherheit“. Oberhalb eines Index-Wertes von 80 Punkten bezeichnet der DGB ein Beschäftigungsverhältnis als „gute Arbeit“, unterhalb eines Wertes von 50 Punkten gilt ein Beschäftigungsverhältnis als „schlechte oder unzumutbare Arbeit“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • H
    hto

    Während der menschenUNwürdige Wettbewerb um das "Recht des Stärkeren" in "Arbeit macht frei" zu anderen Zeiten in imperialistische Eskalationen bis zum Holocaust führt, ist er in der "freiheitlichen" Marktwirtschaft wieder zweifelhaft bis schizophren geprägt von Dummheit in statis(tis)ch-gebildeter Suppenkaspermentalität - kreislaufend-geistiger Stillstand seit der "Vertreibung aus dem Paradies"!?

  • A
    anke

    Hier meine Bewertung der vorgelegten DGB-taz-Kooperation:

     

    In der Kategorie “Ressourcen“ gibt es 50 von 100 möglichen Punkten. Pluspunkte vergebe ich dafür, dass überhaupt gefragt bzw. berichtet wurde. Auch mit der Gliederung und mit der Tatsache, dass Ergebnisse interpretiert werden, bin ich einverstanden. Punktabzug gibt es für den fehlenden Link. Nachdem sowohl der DGB als auch die taz ihren Spaß gehabt haben mit der Studie, hätte ich sie mir ganz gern mit eigenen Augen angeschaut, um mir (m)einen Reim darauf zu machen. Im Digi-Zeitalter sollte so viel Transparenz schon sein, finde ich.

     

    In der Kategorie „Belastungen“ sieht es ähnlich aus. Halbe Punktzahl, weil zwar mit vergleichsweise großer Intensität gearbeitet wurde (normalerweise werde derartige Dinge mit einem Vierzeiler abgetan, den man zu allem Überfluss auch noch wörtlich von dpa übernimmt), gleichzeitig aber meine emotionalen Bedürfnisse überhaupt nicht erfüllt werden konnten. Ich werde sozusagen vollkommen unbefriedigt zurückgelassen, zum Beispiel mit der Info, der DGB-Index sei um einen Zähler auf 59 Punkte gestiegen, aus Sicht der Beschäftigten wäre die Qualität der Arbeit aber eher saumäßig (21 Punkte unter gut, aber 9 Punkte über schlecht). Was, zum Henker, wollten mir der DGB und die taz damit sagen?

     

    In der Kategorie „Sicherheit“ gibt es schließlich nur 10 Punkte von 100. Ich glaube Herrn Sommer zwar gern, dass er die Rente mit 67 für einen politischen Fehler hält (ich tue das auch, weil meine eigenen, ganz privaten „Studien“ zu einem ähnlichen Ergebnis geführt haben wie seine). Ich bin mir aber keineswegs sicher, dass er mit seiner Statistik mehr Eindruck machen wird auf die große Regierungskoalition, als ich mit meiner machen würde. Wahrscheinlich leiden nämlich auch die sehr geehrten Kabinettsmitglieder unter den miesen Arbeitsbedingungen, denen sie ausgesetzt sind.

     

    Gute Arbeit, fürchte ich, sieht anders aus als das, was wir alle miteinander gerade abliefern. Wie das nur kommt?

  • H
    hto

    Während der menschenUNwürdige Wettbewerb um das "Recht des Stärkeren" in "Arbeit macht frei" zu anderen Zeiten in imperialistische Eskalationen bis zum Holocaust führt, ist er in der "freiheitlichen" Marktwirtschaft wieder zweifelhaft bis schizophren geprägt von Dummheit in statis(tis)ch-gebildeter Suppenkaspermentalität - kreislaufend-geistiger Stillstand seit der "Vertreibung aus dem Paradies"!?

  • A
    anke

    Hier meine Bewertung der vorgelegten DGB-taz-Kooperation:

     

    In der Kategorie “Ressourcen“ gibt es 50 von 100 möglichen Punkten. Pluspunkte vergebe ich dafür, dass überhaupt gefragt bzw. berichtet wurde. Auch mit der Gliederung und mit der Tatsache, dass Ergebnisse interpretiert werden, bin ich einverstanden. Punktabzug gibt es für den fehlenden Link. Nachdem sowohl der DGB als auch die taz ihren Spaß gehabt haben mit der Studie, hätte ich sie mir ganz gern mit eigenen Augen angeschaut, um mir (m)einen Reim darauf zu machen. Im Digi-Zeitalter sollte so viel Transparenz schon sein, finde ich.

     

    In der Kategorie „Belastungen“ sieht es ähnlich aus. Halbe Punktzahl, weil zwar mit vergleichsweise großer Intensität gearbeitet wurde (normalerweise werde derartige Dinge mit einem Vierzeiler abgetan, den man zu allem Überfluss auch noch wörtlich von dpa übernimmt), gleichzeitig aber meine emotionalen Bedürfnisse überhaupt nicht erfüllt werden konnten. Ich werde sozusagen vollkommen unbefriedigt zurückgelassen, zum Beispiel mit der Info, der DGB-Index sei um einen Zähler auf 59 Punkte gestiegen, aus Sicht der Beschäftigten wäre die Qualität der Arbeit aber eher saumäßig (21 Punkte unter gut, aber 9 Punkte über schlecht). Was, zum Henker, wollten mir der DGB und die taz damit sagen?

     

    In der Kategorie „Sicherheit“ gibt es schließlich nur 10 Punkte von 100. Ich glaube Herrn Sommer zwar gern, dass er die Rente mit 67 für einen politischen Fehler hält (ich tue das auch, weil meine eigenen, ganz privaten „Studien“ zu einem ähnlichen Ergebnis geführt haben wie seine). Ich bin mir aber keineswegs sicher, dass er mit seiner Statistik mehr Eindruck machen wird auf die große Regierungskoalition, als ich mit meiner machen würde. Wahrscheinlich leiden nämlich auch die sehr geehrten Kabinettsmitglieder unter den miesen Arbeitsbedingungen, denen sie ausgesetzt sind.

     

    Gute Arbeit, fürchte ich, sieht anders aus als das, was wir alle miteinander gerade abliefern. Wie das nur kommt?

  • H
    hto

    Während der menschenUNwürdige Wettbewerb um das "Recht des Stärkeren" in "Arbeit macht frei" zu anderen Zeiten in imperialistische Eskalationen bis zum Holocaust führt, ist er in der "freiheitlichen" Marktwirtschaft wieder zweifelhaft bis schizophren geprägt von Dummheit in statis(tis)ch-gebildeter Suppenkaspermentalität - kreislaufend-geistiger Stillstand seit der "Vertreibung aus dem Paradies"!?

  • A
    anke

    Hier meine Bewertung der vorgelegten DGB-taz-Kooperation:

     

    In der Kategorie “Ressourcen“ gibt es 50 von 100 möglichen Punkten. Pluspunkte vergebe ich dafür, dass überhaupt gefragt bzw. berichtet wurde. Auch mit der Gliederung und mit der Tatsache, dass Ergebnisse interpretiert werden, bin ich einverstanden. Punktabzug gibt es für den fehlenden Link. Nachdem sowohl der DGB als auch die taz ihren Spaß gehabt haben mit der Studie, hätte ich sie mir ganz gern mit eigenen Augen angeschaut, um mir (m)einen Reim darauf zu machen. Im Digi-Zeitalter sollte so viel Transparenz schon sein, finde ich.

     

    In der Kategorie „Belastungen“ sieht es ähnlich aus. Halbe Punktzahl, weil zwar mit vergleichsweise großer Intensität gearbeitet wurde (normalerweise werde derartige Dinge mit einem Vierzeiler abgetan, den man zu allem Überfluss auch noch wörtlich von dpa übernimmt), gleichzeitig aber meine emotionalen Bedürfnisse überhaupt nicht erfüllt werden konnten. Ich werde sozusagen vollkommen unbefriedigt zurückgelassen, zum Beispiel mit der Info, der DGB-Index sei um einen Zähler auf 59 Punkte gestiegen, aus Sicht der Beschäftigten wäre die Qualität der Arbeit aber eher saumäßig (21 Punkte unter gut, aber 9 Punkte über schlecht). Was, zum Henker, wollten mir der DGB und die taz damit sagen?

     

    In der Kategorie „Sicherheit“ gibt es schließlich nur 10 Punkte von 100. Ich glaube Herrn Sommer zwar gern, dass er die Rente mit 67 für einen politischen Fehler hält (ich tue das auch, weil meine eigenen, ganz privaten „Studien“ zu einem ähnlichen Ergebnis geführt haben wie seine). Ich bin mir aber keineswegs sicher, dass er mit seiner Statistik mehr Eindruck machen wird auf die große Regierungskoalition, als ich mit meiner machen würde. Wahrscheinlich leiden nämlich auch die sehr geehrten Kabinettsmitglieder unter den miesen Arbeitsbedingungen, denen sie ausgesetzt sind.

     

    Gute Arbeit, fürchte ich, sieht anders aus als das, was wir alle miteinander gerade abliefern. Wie das nur kommt?