DGB-Bundeskongress: Sommer fordert Steuer für Finanzmarkt
Zum Auftakt des DGB-Bundeskongresses rügt Gewerkschaftschef Michael Sommer die Krisenpolitik der Bundesregierung. Die Kanzlerin muss ihr Nein zur Finanz-Transaktionsteuer verteidigen.
BERLIN taz | Die Finanzkrise des Euroraums stand auch am Sonntagnachmittag zum Auftakt des 19. Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) im Estrel Hotel in Berlin-Neukölln im Zentrum der Aufmerksamkeit.
In seiner Eröffnungsrede für das "19. Parlament der Arbeit", das unter dem Motto "Arbeit, Gerechtigkeit, Solidarität" vier Tage lang tagt, nahm DGB-Vorsitzender Michael Sommer vor 400 Gewerkschaftsdelegierten und mehreren hundert Gästen Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Gebet. "Erklären Sie, wie Sie dem Angriffskrieg der Hedgefonds dauerhaft den Garaus machen wollen", forderte Sommer die Kanzlerin auf und warnte unter dem Applaus der Delegierten: "Unsere Geduld gegenüber Gier und Geiz ist zu Ende."
Der Chef des Dachverbandes von acht Einzelgewerkschaften war gleich zu Beginn seiner Rede auf die Finanzmarktkrise zu sprechen gekommen. Er beschrieb die wirtschaftlichen Rettungs- und Stabilisierungsmaßnahmen der Politik, um anschließend festzustellen: "Dass Finanzhaie jetzt zum Dank dafür gegen den Euro wetten und ganze Staaten in den Ruin treiben, ist eine Schande."
Der DGB-Chef, der zuvor im rot ausgeleuchteten Tagungssaal die Anwesenheit der Kanzlerin als "Ehre" bezeichnet hatte, kritisierte die von der Regierung beschlossene Bankenabgabe als "keine vernünftige politische Alternative" und "Weichspüler für politisch schlechtes Gewissen". Stattdessen forderte Sommer die Einführung einer internationalen Finanztransaktionsteuer.
Merkel, die nach Sommer ans Rednerpult trat, verteidigte sich: "Die Bankenabgabe ist richtig." Sie verwies auf die neuen Vergütungsregeln für Banker und versprach, sich für die rasche Einführung einer europäischen Finanzmarktaufsicht einzusetzen. Die Verhandlungen darüber sind in der Europäischen Union derzeit blockiert.
Eine Finanztransaktionsteuer lehnte Merkel jedoch auch mit Verweis auf den Internationalen Währungsfonds, der sich gegen eine solche Steuer ausgesprochen hat, ab. "Ich gucke, was man durchsetzen kann, und entscheide mich dann dafür. So ist die Welt", erklärte Merkel resolut, die dafür wie auch in anderen Momenten Lacher und Applaus erntete.
Merkel, voll des Lobes für die Kooperationsbereitschaft der Gewerkschaften bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise, nutzte die Eröffnungsveranstaltung, die unter dem Motto "Mut gegen rechts" stand, auch für eine klare Ansage an die Widersacher in ihrer Partei: "Das Betreuungsprogramm für Kinder unter drei Jahren ist dringend notwendig", sagte die Kanzlerin.
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