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■ DFB verhindert Bielefelder SolidaritätsspielCampusrasen bleibt ungepflügt

Die protestierenden StudentInnen werden übermütig. Zumindest an der Universität Bielefeld. Erfolgstrunken von den vielen Solidaritätsbekundungen und Unterstützungsfaxen von berühmten Politikern kamen Studierende der Sportfakultät auf die leichtssinnige Idee, die Bundesligamannschaft Arminia Bielefeld zu einem „Solidaritätsheimspiel“ aufzufordern.

Die Vollversammlung blieb uninformiert, und Mahner aus eigenen Reihen, die zweifelten, ob man etwa dem Nationalelf-Spieler Stefan Kunz gewachsen sei, wurden abgekanzelt. Man schickte Faxe an den Vereinsmanager Rüdiger Lamm und forderte ihn auf, seine Mannschaft gegen die streikenden Studenten und Studentinnen „auf dem Campusrasen“ der Universität Bielefeld antreten zu lassen. Womit offenbar niemand gerechnet hatte: Dem Verein Arminia Bielefeld kam das Angebot gerade recht.

In der Bundesliga auf dem Abstiegsplatz und wegen verbaler Ausfälle des Cheftrainers Ernst Middendorp seit längerem in den Schlagzeilen, greift der Verein derzeit nach jedem Strohalm, der eine Imageaufbesserung verspricht. Plötzlich hatte die Studenten im Streikbüro einen aufgeregten Middendorp am Apparat: „Der war völlig begeistert von der Idee“, erzählt Asta-Vorsitzende Katja Sabisch. Er sei auch angetan gewesen von der Idee, den Erlös des Spiels in eine „Sozialdarlehenskasse“ fließen zu lassen – einen Fonds für sozial schwache Studierende. Schnell einigte man sich auf den 9. Dezember als Termin für die Begegnung, schriftlich wurde die Abmachung festgeklopft: „Gerne sind wir auch dazu bereit, uns in die universitäre Veranstaltung involvieren zu lassen“, ergänzte Manager Lamm per Fax. „Der Unterzeichner freut sich darauf, Sie bald in einem persönlichen Gespräch kennenzulernen.“ Kein Zweifel: Das Spiel war eine sichere Partie mit einem haushoch unterlegenen Gegner. Außerdem versprach dieses „Benefizspiel“ eine gute Presse.

Dazu sollte es aber niemals kommen. Den Studenten, die langsam weiche Knie bekamen, je näher das Datum rückte, eilte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zu Hilfe. Von aufgeregten Lokalreportern auf das Spiel aufmerksam gemacht, untersagte der DFB dem Bundesliga-Verein Arminia Bielefeld, gegen die Uni-Mannschaft anzutreten. Die Begründung: Einem Oberligisten sei es nicht gestattet, „sich parteipolitisch zu betätigen“.

„Wir sind sehr betrübt, absagen zu müssen.“

Der DFB bezichtigt die Studenten gar, mit gezinkten Karten gespielt zu haben: „Der Erlös des Spiels sollte in die Streikkasse abgeleitet werden“, behauptet der Ligasekretär des DFB, Wolfgang Holzhäuser. Während die Studenten so um Ellenbogenchecks und Blutgrätschen herumkamen, sind Trainer Middendorp und Manager Lamm untröstlich: „Wir sind sehr betrübt darüber, absagen zu müssen.“ Gern hätte man sich „in die Schar derer eingereiht, die Ihnen ihre Sympathie persönlich überbringen“, bedauerten sie in einem gemeinsamen Brief.

Aus der studentischen „Agitations- und Propagandazentrale“ in Bielefeld wurde inzwischen ein Vorschlag laut, wie das Problem zu lösen sei. Hier fordert man „Verfaßte FußballerInnenschaft mit politischem Mandat in allen Ober- und Unterligen“. Noel Rademacher

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