DFB löst Shitstorm aus: „Feingefühl eines Presslufthammers“
Der Deutsche Fußballbund lässt im Millerntor-Stadion einen antifaschistischen Spruch abdecken.
HAMBURG taz | Proteste, Fassungslosigkeit, Häme – der Deutsche Fußballbund (DFB) hat in den sozialen Netzwerken einen Shitstorm auf sich gezogen. Der Grund: Als Mieter des Millerntor-Stadions, wo die Nationalelf vor dem Spiel gegen Polen trainierte, ließ der Verband am Montag die Parole „Kein Fußball den Faschisten“, die fester Bestandteil der Gegengerade des FC St. Pauli ist, halb verdecken und damit unkenntlich machen.
„Wir wollten jede politische Diskussion vermeiden“, verlautet inoffiziell aus der Frankfurter DFB-Zentrale. Doch mit der Abdeck-Aktion erreichte der Fußballbund das genaue Gegenteil. Die offizielle Stellungnahme, die der DFB via Twitter versendete, lautet kurz und bündig: „Das Millerntor wurde neutralisiert. Das heißt, dass es frei von Werbung gemacht wird, aber auch von politischen Äußerungen.“
„Der DFB hat mit seiner Aktion bewiesen, wie viel Heuchelei in seiner Haltung gegen Rassismus steckt“, kommentiert der Fanclub-Sprecherrat des FC. St. Pauli die Maßnahme. Auch Ex-St.-Pauli-Profi Ralph Gunesch nimmt Bezug auf die Antirassismus-Kampagnen des DFB: „Lasst uns einfach wieder Rote Karten hochhalten und Alibi-Texte vorlesen vor dem Spiel, damit der Punkt im Jahresplan abgehakt werden kann.“
Guneschs ehemaliger Teamkollege Benedikt Pliquett ätzt: „Es lebe die Meinungslosigkeit und Gleichstellung im Profifußball.“ Und Sportreporterin Inka Blumensaat postet: „Nur Leute mit dem Feingefühl eines Presslufthammers können am Millerntor ’Kein Fußball den Faschisten‘ verhüllen.“
Das aber geschah nur zur Hälfte – und so sorgte der Deutsche Fußballbund für unfreiwillige Komik: Für den unbeteiligten Beobachter trainierte unten auf dem Rasen die Nationalmannschaft, während oben an der Tribüne – wie eine Überschrift – der nicht verdeckte Parolenrest zu lesen war. Er lautete: „Kein Fußball“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin