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DFB-PokalDie Flügel gestutzt bekommen

Eintracht Braunschweig trennt sich im DFB-Pokal mit einer denkbar späten 1:2-Niederlage von Greuther Fürth. Mannschaft und Fans müssen sich wieder daran gewöhnen: Fehler rächen sich.

Wurde auch kein Tor draus: Braunschweigs Deniz Dogan (l.) gegen den Fürther Nicolai Müller Bild: Imago

Der Gesichtsausdruck von Marjan Petkovic sagt alles: Die Falten zwischen den Augenbrauen sind tiefer als sonst, der Blick ist leer und ungläubig. Ein Lächeln scheint ihm in diesem Moment genauso fernzuliegen wie auch nur die leiseste Hoffnung, dass es an diesem kühlen Samstagabend doch noch ein versöhnliches Ende geben könnte: Einsam und fassungslos steht der Torwart von Eintracht Braunschweig vor seinem Arbeitsplatz, nachdem ein aberwitziger Fehler, einhundertzwanzig Sekunden vor dem Elfmeterschießen, das Spiel gegen Greuther Fürth auf eine nicht nur für ihn besonders schmerzliche Art und Weise besiegelt hat.

"Ich bin dazu da, um Bälle zu halten", sagt er nach dem Spiel, das 1:2 nach Verlängerung ausgegangen ist. Seine Worte sind leise und voller Enttäuschung. "Das ist mir in dieser Situation leider nicht gelungen. Es tut mir sehr leid für Mannschaft und Zuschauer."

In jenem einen Augenblick, zwei Minuten vor Ende der Verlängerung, hat Petkovic der Eintracht und ihren Fans nicht nur den wunderbaren Glauben an viele weitere Pokalabende in dieser Saison genommen. Er hat ihnen zugleich auch etwas zurückgegeben - ein Gefühl, das sie nach dem euphorisierend vielversprechenden Saisonstart mit drei Siegen in drei Spielen zuletzt gar nicht mehr kannten: das Gefühl von Verletzlichkeit. Viele der knapp 17.000 Zuschauer im Stadion an der Hamburger Straße waren davon derart überfordert, dass sie noch vor Spielende fluchtartig verschwanden - andere versanken ohnmächtig in ihren blauen Schalensitzen.

Dabei haben sie in Braunschweig eigentlich noch sehr viel vor in dieser Saison: Nach dem denkbar knapp verpassten Aufstieg am letzten Spieltag der vergangenen Spielzeit wollen sie einen neuen Anlauf nehmen, der grau-in-grauen Gegenwart in der 3. Liga zu entfliehen und versuchen, wenigstens halbwegs an die goldene Vergangenheit des Vereins anzuknüpfen. Auch der Abend im Pokal war dazu angerichtet, ein ganz großer zu werden: Flutlicht und ein leidenschaftliches Publikum bildeten die großartige Kulisse für eine dann bemerkenswert einseitige Partie: 0 : 1-Rückstand zu Beginn der Verlängerung, Ausgleich durch Fetsch in der 106. Minute - und dann eben jener späte Treffer des Fürthers Leonhard Haas, der den Braunschweiger Keeper in tiefe Zerknirschung stürzte.

Eintracht-Trainer Torsten Lieberknecht gelang es nach der Partie dann kaum, seine Enttäuschung zu verbergen. "Es kotzt mich an, dass wir dieses Spiel nicht siegreich beenden konnten", sagte er in ungewöhnlich deutlichen Worten. "Spiele wie dieses haben immer einen ganz besonderen Charakter", führte Lieberknecht aus und meinte damit: Ein Sieg in diesem Wettbewerb hätte der Mannschaft noch einmal Flügel verliehen.

Die sind nun aber erst einmal wieder gestutzt worden. Das lag einerseits an Petkovic - aber eben auch daran, dass Braunschweig im Angriff eine Möglichkeit nach der anderen vergab. "Wir hätten es verdient gehabt, das Spiel zu gewinnen", sagte Lieberknecht, und das nicht völlig zu unrecht. Einer traurigen Erkenntnis wird sich der Trainer aber auch nicht entziehen können: Im entscheidenden Augenblick ist seine Mannschaft, wieder einmal, an sich selbst gescheitert.

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1 Kommentar

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  • S
    Simmo

    Selten so einen Schwachsinn gelesen. Ich war auf der Gegengerade. So wie in der Südkurve sind auch dort die meisten Leute stehen geblieben und haben die Mannschaft gefeiert, was sie nach dem Spiel auch verdient hatten.

     

    Alle mit denen ich mich nach dem Spiel unterhalten habe, haben das Spiel mit einem "typisch Eintracht" kommentiert, was einfach daran liegt, dass man als Fan dieses Vereins Enttäuschungen gewohnt ist. Erfolgsverwöhnt ist man als Braunschweiger nicht gerade. Und wenn einem eines bewusst ist, dann dass Euphorie schnell vergeht und sie ausgekostet werden muss, solange man Grund hat sich von ihr tragen zu lassen. Denn so oft hat man als Eintracht-Anhänger keinen Grund zu feiern.