DER „MILLENNIUMSGIPFEL“ DER VEREINTEN NATIONEN TAGT IN NEW YORK: Überflüssige Veranstaltung
Internationale Gipfelkonferenzen können durchaus konstruktive Ergebnisse erbringen. Daraus beziehen sie ihre Berechtigung, auch wenn die internationalen Treffen – wie der New Yorker „Millennium Summit“ der Vereinten Nationen – die Steuerzahler sowohl in den Teilnehmerstaaten als auch im Gastgeberland sehr viel kosten und zudem mit erheblichen Belastungen für die Bewohner des Gipfelortes verbunden sind. Die amerikanisch-sowjetischen Präsidentengipfel der 80er-Jahre erbrachten wesentliche Fortschritte, ja Durchbrüche für die atomare Abrüstung; die thematischen Gipfelkonferenzen der UNO in den 90er-Jahren dienten der Verständigung über die zentralen globalen Probleme und ersten Vereinbarungen zu ihrer Überwindung; der kürzliche Gipfel zwischen den Präsidenten Nord- und Südkoreas schließlich war ein erster notwendiger Schritt der Vertrauensbildung nach 50 Jahren Kalter Krieg.
Der „Millenniumsgipfel“ der UNO hingegen, der gestern Abend in New York begann, lässt kein greifbares Ergebnis erwarten, das eine so aufwendige und kostspielige Veranstaltung rechtfertigen würde. Denn unter den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen ist keine ausreichende Bereitschaft vorhanden, sich in verbindlicher Form auf die von Generalsekretär Annan so oder ähnlich in den letzten zwölf Monaten bereits mehrfach unterbreiteten Beschlussempfehlungen einzulassen. Mit der Aussperrung der Nichtregierungsorganisationen von der Gipfelveranstaltung halten sich die Regierungen zudem die Debatte über den von Annan betriebenen Partnerschaftskurs mit der Privatwirtschaft vom Hals.
Für eine Bestimmung von Rolle und Aufgaben der UNO im 21. Jahrhundert ist diese Debatte aber unerlässlich. So ist beim „Millenniumsgipfel“ lediglich mit einem Marathon von 152 unverbindlichen Fünf-Minuten-Statements zu rechnen. US-Präsident Bill Clinton wird in New York seinen Abgang von der internationalen Bühne zelebrieren; für seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin ist der Auftritt dort die Premiere auf dieser Bühne. Bundeskanzler Gerhard Schröder lässt sich nach nur knapp zweijähriger Amtszeit einen Orden für „weltmännische Verdienste“ umhängen. Und sicher wird Kubas Staatschef Fidel Castro in den nächsten Tagen in New York für die eine oder andere Schlagzeile sorgen.
Im besten Fall werden Clinton, Israels Präsident Ehud Barak und der Palästinenserchef Jassir Arafat bei Geprächen am Rande des „Millenniumsgipfels“ Fortschritte im Nahost-Friedensprozess machen. Aber braucht es dafür die größte Gipfelveranstaltung in der Geschichte der Vereinten Nationen? ANDREAS ZUMACH
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