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DDR: Tür zu! Hier wird gefeiert

■ Zum 40. Jahrestag 200 Westbesucher an der Einreise nach Ost-Berlin gehindert Warnung an DDR-Oppositionsgruppen / Ausschreitungen und Verletzte in Dresden

Berlin (taz/dpa/ap) - Die DDR trifft offenbar alle Vorkehrungen, um bei ihren Jubiläumsfeiern zum 40. Jahrestag der Staatsgründung alle Störungen zu unterbinden und oppositionelle Stimmen zum Schweigen zu bringen. Mehr als 200 Westtouristen wurde ohne von Angaben von Gründen, die Einreise verweigert. Bundesregierung, Alliierte und Berliner Senat protestierten gegen die Behinderung. In der DDR wurden Vertreter oppositioneller Gruppen wurden von staatlichen Stellen vor demonstrativen Auftritten während der Feierlichkeiten gewarnt.

Die Warnung offizieller DDR-Stellen an die Oppositionsgruppen wurde mit dem Hinweis verbunden, der Sozialismus dürfe nicht in Frage gestellt werden. Der Pastor Werner Kratschell erklärte der BBC, er sei gewarnt worden, daß man sonst im „chinesischen Stil“ gegen die Opposition vorgehen wolle.

Die Mitinitiatorin des Neuen Forums, Bärbel Bohley, sagte zur Situation in der DDR: „Man hat das Gefühl, das braucht nur einen Funken, damit hier irgend etwas losgeht.“ Vertreter von Reformgruppen und Kirchenleute riefen erneut zur Besonnenheit im Lande auf und sprachen sich gegen jegliche Gewaltanwendung aus.

Wie zur Bestätigung der Befürchtungen über Auseinandersetzungen rund um den 40. Jahrestag erschien gestern in der Moskauer 'Prawda‘ ein langer, von Erich Honecker persönlich gezeichneter Artikel, in dem er allen Bestrebungen einer Rückzugsbewegung zum Kapitalismus (mit diesem Vorwurf wird die gesamte Opposition pauschal konfrontiert) eine kategorische Absage erteilt. Statt dessen verwies Honecker auf die Vorbereitungen der DDR-Bürger zur 40.-Jahr-Feier, als Beweis, daß die Bevölkerung den Standpunkt der DDR-Führung teile.

Schwere Auseinandersetzungen soll es am Mittwoch abend in Dresden gegeben haben. Mehrere tausend Menschen hätten versucht, den Bahnhof zu besetzen, um Zugang zu den aus Prag angekündigten Zügen gen Westen zu bekommen, berichteten Augenzeugen. Die Polizei hatte den Informationen zufolge den Bahnhof abgesperrt und setzte im Laufe der Nacht Wasserwerfer und Schlagstöcke gegen die anrückende Menge ein. Dabei sollen Steine geflogen, ein Auto angezündet und etliche Scheiben eingeworfen worden sein. Bundesdeutsche Behörden bestätigten, alle acht in Prag zusammengestellten Züge mit rund 8.000 Leuten seien eingetroffen. 200 DDR -Bürger haben gestern die Prager Botschaft verlassen, um nach Hause zurückzukehren. Sie hatten in das Angebot der Ostberliner Regierung eingewilligt unter der Voraussetzung, daß sie innerhalb von zwei Monaten legal ausreisen dürfen.

Nachdem die Züge aus der Tschechoslowakei eingetroffen waren, erhielten auch rund 600 in Warschau wartende DDRler erneut grünes Licht für die Ausreise. Auch die kleine Gruppe von DDR-Bürgern, die sich seit einigen Tagen in der Ständigen Vertretung Bonns in Ost-Berlin aufhielt, hat inzwischen das Gebäude verlassen. Aus Polen wurde berichtet, DDR-Bürger, die illegal versucht hätten, die polnische Grenze zu überqueren, seien von den polnischen Grenzbeamten wieder zurückgeschickt worden.

Mitten in die hochgespannte Situation in Ost-Berlin, wird heute vormittag der Hoffnungsträger aus der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, in Schönefeld einfliegen. Gorbatschow wird am Nachmittag im Palast der Republik eine Rede halten und am Samstag mit Honecker und anderen Politbüromitgliedern sprechen.

In einem offenen Brief an Gorbatschow, bittet die Dresdner „Initiative Demokratische Erneuerung“ um die Unterstützung für Reformen. Die UdSSR habe als Siegermacht eine „besondere Verantwortung für die innere Entwicklung der DDR“. „Durch die Dialogunwilligkeit des (staatlichen) Apparates wird die politische Lage immer weiter destabilisiert.“ Siehe auch Seite 5

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