DAS STARALBUM: ALBA ROHRWACHER : Die Sparsame
Wie gut Alba Rohrwacher in ihrem neuen Film ist, wird einem noch einmal so richtig klar, wenn man sie auf der Pressekonferenz sieht. Eben, auf der Leinwand, war sie noch Mark, eine so genannte „geschworene Jungfrau“ aus den abgelegenen Bergen Nordalbaniens, wo nach altem Brauch Frauen ihre Weiblichkeit ablegen und als Mann leben, wenn sie dafür Keuschheit geloben. Und nur wenige Minuten später sitzt Alba Rohrwacher, die große Hoffnung des italienischen Kinos, auf der Bühne und spult, gedankenverloren, das gesamte Gestik-Repertoire schüchterner Mädchen ab. Hände, die sich unter dem Tisch verstecken. Schlanke Finger, die Strähnchen zwirbeln. Die Hand, die Halt an der eigenen Schulter sucht.
Es ist ein darstellerischer Kraftakt, den Alba Rohrwacher in „Vergine Giurata“ vollbringt. Als Italienerin ohne sprachliche Vorkenntnisse einen Film auf Albanisch spielen, in dem harten Akzent des Nordens. Und gerade für eine zarte Frau wie sie, jemanden zu spielen, die sich einen derart harten männlichen Gestus übergestülpt hat. Und daraus auszubrechen versucht. Und dann auch wieder nicht. Einen Körper zu zeigen, der, wie Regisseurin Laura Bispuri sagt, „eingefroren war und erst langsam wieder auftaut“.
„Mir schien das anfangs unmöglich“, sagt Rohrwacher. „Aber auch wenn Dinge sehr schwierig sind, wird es leicht erklärbar, wenn man es angeht. Wenn das jemand aus einem herauskitzelt.“ Es ist ihr längster Satz, auf dieser Pressekonferenz. Ein Satz, der aus dem Mund vieler anderer Darsteller vielleicht banal wirken würde. Aber Alba Rohrwacher, fast ungeschminkt und in einer edlen, kurzärmeligen Variante eines Norwegerpullovers, vermag auch jenseits der Leinwand genau das, was sie in Filmen so stark macht: kleinen Gesten, kurzen Sätzen, schnellen Blicken eine ganz besondere Bedeutung zu verleihen. Je leiser sie agiert, desto gebannter hört und schaut man auf sie.
Die Verletzliche ist längst Rohrwachers Paraderolle – ob als Prostituierte und Flüchtling in Doris Dörries Von-Schirrach-Verfilmung „Glück“, als psychisch gestörte Mörderin in „Il papà di Giovanna“ oder als fremdgehende Ehefrau, die vom Verlangen überwältigt wird, in „Was will ich mehr“. Oder eben Mark in „Vergine Giurata“.
Rohrwachers bislang umjubeltste Rolle war die einer lesbischen Industriellentochter in „Io sono lamore“ an der Seite von Tilda Swinton. Auf der Berlinale 2009 wurde sie dafür als Shootingstar ausgezeichnet. MLA