Creative Commons: Freie Lizenz siegt vor Gericht
Immer mehr Nutzer stellen ihre Inhalte unter freie Lizenzen. Doch so mancher kommerzielle Anbieter nimmt sie nicht ernst. Ein wichtiges US-Urteil hat nun die Gültigkeit bestätigt.
Es ist ein wichtiger Sieg für Freunde der freien Informationsverbreitung im Netz: Lizenzverträge wie "Creative Commons" (CC) oder die "General Public License" (GPL), die den freien Umgang mit Inhalten und Programmen sicherstellen sollen, sind rechtlich wirksam. Das bestätigte das zuständige US-Bundesberufungsgericht in Washington, die wichtigste Instanz zu Fragen geistigen Eigentums in dem Land. Zuvor hatte es regelmäßig Reibereien zwischen Nutzern von GPL und CC mit kommerziellen Verwendern solcher Werke gegeben. Letztere wollten sich nicht an die freien Lizenzen halten. "Das ist ein wichtiger Sieg für uns", sagte der US-Rechtsprofessor Larry Lessig, der sich auf dem Gebiet der Urheberrechtsreform engagiert und zu den Vätern von Creative Commons gehört.
Im Rechtsstreit ging es konkret um ein Programm zur Steuerung von Modelleisenbahnen, das der Programmierer und Physikprofessor Robert Jacobsen unter die freie "Artistic License" (AL) gestellt hatte. Sie ermöglicht anderen Nutzern unter anderem, den Code kostenlos zu verwenden und in eigene Software einzubauen. Allerdings besagt die AL auch, dass Programmierer, die das tun, ihre eigenen Programme ebenfalls unter diesen Bedingungen weiter verbreiten müssen. Doch genau das hatte Matthew Katzer, Inhaber der Softwarefirma Kamind Associates, nicht getan: Er hatte sich bei Jacobsons Programm zwar bedient und es in seine kommerzielle Software eingebaut, wollte diese dann aber nicht kostenlos verbreiten. Außerdem unterließ er es, Jacobsens Namen in der Software zu nennen, was ebenfalls der AL widerspricht. Und um das Maß voll zu machen, bedrohte Katzer Jacobson auch noch mit einer Patentklage, weil dieser angeblich gegen Rechte von Kamind Associates verstieß.
Jacobson klagte daraufhin 2006 vor einem Gericht in San Francisco - und unterlag zunächst. Doch dieser Entscheidung wurde in Washington nun widersprochen. Demnach gelten freie Lizenzen wie AL, CC oder GPL stets wie eine kommerzielle Lizenz. Verstößt ein Verwender gegen die Prinzipien der Lizenz, verfällt sie - und aus dem Verletzer wird ein ganz normaler Urheberrechtsverletzer. In der Urteilsbegründung heißt es, Urheberrechtsinhaber, die ihr Werk unter eine freie Lizenz stellten, hätten ein Recht darauf, dass sich die Verwender auch daran hielten. Solche Verträge würden in der Praxis inzwischen von zahlreichen Wissenschaftlern, Programmieren und Künstlern verwendet. Dies diene auch der Gesellschaft, weil sie den freien Austausch untereinander förderten.
CC-Vater Lawrence Lessig freut sich besonders über die "Klarheit und Sicherheit des Urteils". Dass der für Urheberrechtsfragen wichtigste US-Gerichtshof so entschieden hätte, sei besonders begrüßenswert. Man habe immer den Anspruch gehabt, die Lizenzen wasserdicht zu machen. Das sei nun bestätigt worden. Doch gänzlich geklärt ist der Fall bislang nicht: Er wird nun zurück an das Gericht in San Francisco verwiesen, das angesichts der Entscheidung aus Washington zu einem neuen Urteil kommen muss.
Creative Commons-Lizenzen ermöglichen es Künstlern, Programmierern und anderen kreativen, ihre Inhalte zur freien Verwendung freizugeben - und zwar jeweils unter den von ihnen gewählten Bedingungen. So kann etwa ein Autor sein Buch für nichtkommerzielle Zwecke ins Internet stellen und eine Verbreitung erlauben, gleichzeitig aber die kommerzielle Nutzung dennoch verbieten. Auch ist es mit CC möglich, festzulegen, dass ein einmal geschaffenes Werk in anderen Werken verwendet wird - je nach Auswahl der Lizenz muss es dann unter ähnlichen Bedingungen weiterverbreitet werden.
Die Grundidee von Creative Commons ist dabei stets, das laut Lessig zu restriktive "normale" Urheberrecht zu ergänzen. Nur so sei Kreativität und Informationsaustausch in der heutigen Internet-Gesellschaft dauerhaft möglich. Die Idee kommt an: Inzwischen nutzen auch bekannte Künstler wie der Rocker Trent Reznor CC-Lizenzen, um ihren Zuhörern zu erlauben, vorhandene Musik beispielsweise neu abzumischen.
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