: Cranach, Ikonen und Etrusker
Neu gegründetes Bucerius Kunst Forum am Rathaus will ab Dezember mit kleinen, aufwendigen, aber schnell zu rezipierenden Ausstellungen Bildungsprogramm für die Mittagspause bieten und dem Kulturstandort Hamburg aufhelfen
von HAJO SCHIFF
Wozu dient – rechts neben dem Rathaus installiert – der Bauzaun mit Picasso-Zitat? Das Rätsel wurde vorige Woche auf einer Pressekonferenz gelöst: Im 1914-1917 errichteten ehemaligen Reichsbankgebäude soll im Dezember dieses Jahres ein neues Museum eröffnet werden.
Nur achtzehn Monate nach der Beschlussfassung realisiert die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius am Rathausmarkt das Bucerius Kunst Forum. Der Hamburger Architekt Jan Störmer, der auch schon die moderne Erweiterung des Museums für Kunst und Gewerbe entwarf, hat den Zentralraum der ehemaligen Kassenhalle umgebaut. Rund 850 Quadratmeter in Ober- und Untergeschoss stehen dem neuen Forum zur Verfügung, samt Shop und Kellercafé hinter dem zum Rathausmarkt neu geöffneten Eingang. Dort soll ein Forum zur ,,offenen Begegnung mit Kunst auf hohem Niveau von der Antike bis zur klassischen Moderne“ entstehen, wie der bestellte künstlerische Leiter ausführte, der 72-jährige Prof. Heinz Spielmann, einst Direktor des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums Schloss Gottorf. Da kommt gar nichts anderes in Frage, als mit dem Künstlerstar des letzten Jahrhunderts zu beginnen: Picasso und die Mythen soll die erste Schau heißen. Vier Ausstellungen jährlich mit Titeln wie: Lukas Cranach – zwischen Mythologie und Moderne, Max Beckmann – Menschen am Meer, Etruskische Kunst – Das Paris-Urteil, Auguste Rodin – Die Porträts, Oskar Kokoschka – Aquarelle und Das goldene Zeitalter der russischen Ikone sind da zum Beispiel geplant.
Doch die Initiative der 1971 vom 1995 verstorbenen Verleger der ZEIT gegründeten Stiftung erregt nicht nur Bewunderung. Die ehemalige Kultursenatorin Christina Weiss etwa hatte im Vorfeld der Entscheidung etliche Vorschläge gemacht, wie die Stiftung mit dem nun verplanten Geld in der Hamburger Kunstszene wirken könnte, ohne selbst zum Konkurrenten der Museen zu werden. Immerhin eindrucksvoll ist selbst eine unvollständige Liste dessen, was die Stiftung in hiesigen Museen gefördert hat: Die Einrichtung der Abteilung Hamburg im 20. Jahrhundert im Museum für Hamburgische Geschichte, die neue Europaabteilung sowie die Erschließung des Fotoarchivs im Museum für Völkerkunde, die Bibliothek im Neubau des Museums für Kunst und Gewerbe. Der Ankaufsetat der Kunsthalle wurde aufgestockt, Ausstellungen der KZ-Gedenkstätte Neuengamme ermöglicht.
Doch beim Bucerius Kunst Forum soll es nun darum gehen, ein neues Publikum aus Geschäftsleuten, Rathaustouristen und Shoppingfreunden zu gewinnen. Die kleinen, aber aufwendigen Ausstellungen nähmen keinem bestehenden Haus etwas weg und die etablierten Institutionen stünden dem Unternehmen positiv gegenüber, meinte Prof. Michael Göring, der geschäftsführende Vorstand der Stiftung, und versicherte, dass auch die bestehende Museumsszene weiterhin gefördert würde.
Einleuchtend ist allerdings auch, dass sich die Hamburger Museumsdirektoren in einer Situation knapper öffentlicher Kassen gegenüber einem so wichtigen Geldgeber wie der ZEIT-Stiftung kaum Kritik leisten können. Ob das neue Kunstforum als konservativer kultureller Spaß für die Mittagspause Hamburgs Ruf als Kulturstadt wirklich befördert, sei im Übrigen dahingestellt.
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