■ Die Anderen: „Corriere della Sera“ (Italien) und „ABC“ (Spanien) meinen zur Krise im Kosovo / „Vecernje Novine“ aus Belgrad meint dagegen / Zur Haltung des serbischen Präsidenten Milosevic schreibt „La Repubblica“ aus Rom
Der Mailänder „Corriere della Sera“ meint zur Krise im Kosovo: Die Kosovo-Krise explodiert im schwierigsten Moment für Clinton und im Augenblick der größten Unsicherheit der Nato und der Vereinten Nationen. Und sie explodiert mit einem Szenario, das jenem im Irak ähnelt. Quasi in Nachahmung Saddam Husseins hat der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic auf den starken internationalen Druck reagiert, indem er den Chef der OSZE-Mission zur Persona non grata erklärte und seine Ausweisung innerhalb von 48 Stunden verfügte. Zugleich verweigerte er der Chefanklägerin des UN-Tribunals in Den Haag, Louise Arbour, die Einreise in die Krisenprovinz. Die Nato steckt in einem Dilemma: Soll sie den Weg der Diplomatie fortsetzen oder mit Gewalt vorgehen?
Die spanische Zeitung „ABC“ meint dazu: Während ein Teil Europas mit der Einführung des Euro soeben einen weiteren Erfolg seiner Modernität gefeiert hat, erinnern im Kosovo, in umnittelbarer Nachbarschaft, die Bilder der Toten an die schlimmsten Zeiten des Zweiten Weltkriegs. Der Westen erweist sich angesichts des erneuten Massakers als ohnmächtig. Wieder steht er vor der Frage: Was tun? Auch wenn eine mögliche Unabhängigkeit des Kosovo nicht erwünscht ist, bleibt nach den Erfahrungen des Bosnienkrieges nur eine Antwort: Man muß mehr Härte gegenüber dem Diktator Slobodan Milosevic zeigen. Die Nato hat einen militärischen Angriffsbefehl, den sie nur zu reaktivieren braucht. Aber hat sie auch den Willen dazu?
„Vecernje Novine“ aus Belgrad meint dagegen: Wie jeder andere ausländische Staatsbürger kann Arbour nur in dem für sie zuständigen Konsulat ein Visum beantragen – also in Den Haag und nicht am Grenzübergang. Der (Einreise-)Versuch der Vorsitzenden [des UN-Kriegsverbrechertribunals] zeigt unzweifelhaft den Willen Arbours, das Niveau, das sie mit ihrem spektakultären Auftritt an der serbischen Grenze erreicht hat, medial weiterzuführen. Der Grund dafür ist angeblich die fehlende Kooperation der Bundesrepublik Jugoslawien [mit dem Tribunal].
Zur Haltung des serbischen Präsidenten Milosevic schreibt „La Repubblica“ aus Rom: Slobodan Milosevic fordert die Welt heraus, und die Situation im Kosovo wird immer gefährlicher. Die Möglichkeit einer militärischen Intervention der Nato wird größer. Druck und Drohungen mißachtend, hat der serbische Führer entschieden, den Chef der OSZE-Beobachtergruppe im Kosovo, William Walker, auszuweisen, und er hat verhindert, daß die Chefanklägerin des UN-Tribunals in Den Haag zum Massaker in Racak ermittelt. (...) Milosevic schlägt der Welt die Tür vor der Nase zu.
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