Coronarisiken für Leistungssportler: Viraler Herzschmerz

Corona trifft das höchste Gut eines Leistungssportlers: seinen Körper. Eine US-Studie hat das Risiko von Herz­muskelentzündungen herausgearbeitet.

Basketballer Jayson Tatum von den Boston Celtics führt den Ball.

Erst positiv, dann wieder gut in Schuss: Basketballer Jayson Tatum (l.) von den Boston Celtics Foto: AP/David Zalubowski

In der US-Basketballiga NBA gilt die Devise: Impf dich frei! Es besteht keine Impfpflicht, aber Spieler, die sich zwei Dosen in den Oberarm haben verabreichen lassen, können leichter durch den Alltag gehen. Komplett geimpfte Personen werden nach Kontakt mit einer sogenannten Kontaktperson ersten Grades, also einem potenziell Corona-Infizierten, nicht mehr unter Quarantäne gestellt. Sie dürfen im Außenbereich eines Restaurants speisen.

Ferner sind sie von den täglichen Tests an Spiel- und Ruhetagen befreit. Sie können sich auch im privatem Umfeld freier bewegen. Klubs, bei denen 85 Prozent der Spieler und Mitarbeiter geimpft sind, erhalten zusätzliche Anreize: keine Masken in der Trainingshalle, Essensservice während des Fluges, persönliche Teamaktivitäten sind erlaubt, Speisen im Innen- und Außenbereich sowie mehr Flexibilität außerhalb von Teamhotels ebenso.

Der US-Sport versucht wie große Teile der dortigen Gesellschaft, peu à peu in Richtung Öffnung und Normalität zu schreiten. In über zwanzig Bundesstaaten hat man die Maskenpflicht gelockert oder ganz abgeschafft. Immer mehr Zuschauer dürfen Arenen betreten, um Spiele ihrer Lieblingsmannschaft in der NHL (Eishockey), Major League Baseball oder der MLS (Fußball) anzuschauen. Die Fans waren in den Monaten der Pandemie freilich daran gewöhnt, nicht alle Spieler auf dem Parkett zu sehen. Etliche wurden nach einem positiven Schnell- oder PCR-Test ausgesiebt.

Entzündliches Geschehen

Ihre Namen fanden sich anschließend auf dem Corona Protocol der Ligen. Die interessierte Öffentlichkeit fragt sich allerdings schon seit Monaten, was eine Positivdiagnose für einen Leistungssportler konkret bedeutet: Wie lange fällt er aus? Was sind die Symptome? Worunter leidet der Betroffene besonders? Ist seine Sportkarriere womöglich gefährdet bei einem schwereren Verlauf? Unlängst haben Wissenschaftler in den USA versucht, das Dunkelfeld des Leistungssports ein wenig auszuleuchten.

Das Ergebnis: 5 von 789 mit Covid-19 infizierten Profisportlern aus den großen US-Ligen entwickelten in der bislang größten Studie über kardiale Auswirkungen des Virus eine entzündliche Herzerkrankung, wobei drei Fälle als Myokarditis (Herzmuskelentzündung) und zwei als Perikarditis (Herzbeutelentzündung) identifiziert wurden; Daten aus den Monaten Mai bis Oktober wurden hierbei herangezogen und im Journal of American College of Cardiology veröffentlicht.

Das Coronavirus ist bekannt dafür, bisweilen für Thrombosen und entzündliche Prozesse im Gefäßsystem zu sorgen, das Virus kann aber auch das trainierte Sportlerherz schädigen. Das ist eh anfällig für Virusinfektionen, wie eine deutsche Studie aus dem Jahr 2016 gezeigt hat (Europäische Zeitschrift für präventive Kardiologie): In einem 30-Monats-Zeitraum wurden 144 sportbedingte plötzliche Herztode, zumeist aus dem Nichtleistungssportbereich, aufgezeichnet. Die Gesamtinzidenz betrug 1,2 bis 1,5 Fälle pro eine Million Menschen pro Jahr, wobei 97 Prozent Männer waren. Fußball und Laufen waren die gängigsten Disziplinen. Bei Probanden, die jünger als 35 Jahre alt waren, überwog die Myokarditis.

Dass letztere Diagnose im Zuge der Coronapandemie häufiger gestellt werden muss, darauf deuten auch die Fälle des Eishockeyprofis Janik Möser aus Wolfsburg und der Para-Tischtennisspielerin Juliane Wolf. Mösers Symptome: Kopf- und Gliederschmerzen, ein leichter Schnupfen. Nach vier Tagen war der 25-Jährige wieder symp­tomfrei. Eher zufällig wurde die Herzmuskelentzündung diagnostiziert. Auch Wolf hatte milde Symptome, trotzdem zeigten sich bei einer MRT-Untersuchung Auffälligkeiten. Im Fall dieser Diagnose empfehlen Ärzte eine Sportpause von drei bis sechs Monaten.

Positiver Ausblick

Das tun auch die Autoren der US-Studie. David Engel, Kardiologe am Irving Medical Center der Columbia University und einer der Hauptautoren des Papiers, sagt, die Ergebnisse stimmten mit aktuellen Einschätzungen überein, dass eine mögliche Erkrankung des Herzens durch Covid-19 mit der Schwere der Symptome korreliere. Die Studie umfasste infizierte und asymptomatisch infizierte Athleten.

Alle fünf Fälle von Herzerkrankungen zeigten Symptome, die „die empirischen Definitionen einer leichten Covid-19-Erkrankung erfüllten“. Die Mediziner warten nun auf die Auswertung eines größeren Datenpakets. Vor allem bei kleinen Untersuchungsclustern sind die Ergebnisse nicht sehr valide. Eine Studie der Ohio State University machte im Herbst Schlagzeilen, als Forscher herausfanden, dass vier von 26 Athleten – oder 15 Prozent – nach Covid-19 Anzeichen einer Myokarditis hatten. Eine spätere Studie der Universität von Wisconsin ergab zwei Fälle bei 145 Athleten.

David Engel gibt allerdings einen positiven Ausblick. „Beruhigend war, dass alle Athleten, die das Herz-Screening durchlaufen haben, eine sichere Rückkehr zum Spiel erreichen konnten. Diese Athleten spielen offensichtlich immer noch, und es geht ihnen gut.“

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