Corona-Maßnahmen in Australien: Sydney macht sich etwas locker

Der Großraum der australischen Stadt lockert für Geimpfte. Bei über 80 Prozent Impfquote dürfen Australier aus dem Ausland zurückkehren.

Ein Mann beim Friseur, der sich freut

Endlich: In Sydney öffneten wieder die Geschäfte, aber nur für Geimpfte Foto: Loren Elliott/reuters

CANBERRA taz/ap/dpa | Friseure, Fitnessstudios, Cafés und Bars in Australiens größter Stadt Sydney durften am Montag erstmals seit 106 Tagen vollständig gegen das Coronavirus Geimpften wieder die Türen öffnen. Mit einer Impfquote von 73,5 Prozent in der Bevölkerung ab 16 Jahren war im Bundesstaat New South Wales ein Meilenstein erreicht worden, mehr als 90 Prozent hatten mindestens eine Impfdosis erhalten. Manche Geschäfte in Sydney öffneten wegen des Andrangs bereits um Mitternacht.

Beim Erreichen einer Impf­quote von 80 Prozent werde Australien seine Grenzen öffnen, erklärte jüngst Premierminister Scott Morrison. Das dürfte etwa Mitte November der Fall sein – mit Sydney als erstem Flughafen, der dann wieder den Vollbetrieb aufnehme. Dann sollten stufenweise auch die strikten Bedingungen für Ankommende aufgehoben werden wie die 14-tägige teure Pflichtquarantäne in einem Hotel.

Erst sollen die Grenzen für Australier und Personen mit Daueraufenthaltsrecht geöffnet werden, unter ihnen 38.000 sogenannte Expats, die seit Australiens Abschottung im März 2020 im Ausland gestrandet sind: Familien, Geschäftsleute und junge Australier, die zwischen Schule und Universität ein Jahr im Ausland verbringen wollten.

Für viele Betroffene habe das lange Warten dort zu Depressionen geführt, warnen Experten. Auch hätten finanzielle Probleme einige an den Rand der Armut gebracht. Viele Betroffene waren im März 2020 einem Aufruf Canberras zur sofortigen Heimkehr gefolgt. Sie kündigten ihre Stelle im Ausland, gaben die Wohnung auf und befanden sich buchstäblich auf dem Weg zum Flughafen, als Australien seine Grenzen schloss.

„Zwei Arten von Staatsbürgerschaft“

Laut dem australischen Reisejournalisten Ben Groundwater würden die Zurückgebliebenen es der konservativen Regierung Morrison nie vergessen, wie sie von ihr „im Stich gelassen worden sind“. Sie hätten entdeckt, dass es „zwei Arten von Staatsbürgerschaft“ gebe: eine für Australier zu Hause und eine für im Ausland Gestrandete.

Zwar hat Canberra in den letzten Monaten einige Sonderflüge organisiert. Die meisten Betroffenen bleiben aber bis heute ihrem Schicksal überlassen. Tausende konnten es sich nicht leisten, eines der knapp über 3.000 pro Woche angebotenen Flug­tickets zu ergattern. Das ist die Zahl der Passagiere, die Australien derzeit noch ins Land lässt, um die Ausbreitung von Covid einzudämmen.

Da die Airlines ihre Maschinen nicht füllen können, geben sie Passagieren der ersten und Businessklasse den Vorzug. Wer ein Economy-Ticket hat, bleibt auf der Warteliste. Die Begrenzung der Passagierzahlen wirkt so wie ein Einreiseverbot.

Kein Recht auf Heimkehr

Juristisch haben Australier „kein Recht auf Heimkehr“, so der Verfassungsrechtler Ron Levy von der Nationaluniversität ANU in Canberra. Ausreisen ist ausdrücklich verboten. Ausnahmen werden nur selten erlaubt.

Wer seine sterbende Mutter in Europa noch einmal sehen will, braucht Zeugnisse ihrer Ärzte und muss ein Flugticket vorweisen – und hat doch keine Ausreisegarantie. Groundwater kritisiert, dass dagegen Geschäftsleute, „Filmstars, Sportler und TV-Stars kommen und gehen können“.

Australien war dank strenger Regeln, geschlossener Grenzen und der Insellage lange relativ erfolgreich im Kampf gegen das Virus. Die Regierung verfolgte eine „Null-Covid-Strategie“, die aber mit der hochansteckenden Deltavariante nicht mehr aufrechterhalten werden konnte.

Bisher sind landesweit 127.000 Fälle bestätigt worden – bei 25 Millionen Bewohnern. 1.430 Menschen sind im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben.

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