Computerspiel "Grand Theft Auto IV": Amerikanischer Albtraum in 3D
Am Dienstag erscheint die lang erwartete Fortsetzung der Spieleserie "Grand Theft Auto" - und es dürfte einer der größten Verkaufshits aller Zeiten werden.
Kaum eine Computerspielereihe der letzten Jahre ruft derartige Kontroversen hervor wie die "Grand Theft Auto"-Serie (GTA) des Herstellers Rockstar Games: Die Kommentare von Kritikern und Publikum reichen stets von "jugendgefährdendem Dreck" über "unterhaltsam, aber trivial" bis hin zu Oden an eine "faszinierendes Spielewelt für Erwachsene". Die heißen Diskussionen dürften in dieser Woche erneut aufflammen, wenn am Dienstag die nächste Inkarnation des Spiels weltweit auf den Markt kommt: "GTA IV" ist der erste Titel der Serie, der für die so genannten Next-Generation-Konsolen Sony Playstation 3 und Microsoft Xbox 360 verfügbar ist. Die glänzen mit einer deutlich verbesserten Grafikleistung und sollen den Kampf "Böse gegen Nicht-ganz-so-böse", der große Teile von GTA traditionell prägt, potenziell noch realistischer machen. Um so größer ist nun auch der Hype: Mit TV- und Print-Anzeigen überrollt Rockstar auch Deutschland. Ein Bericht, dass eine gestohlene GTA IV-Version im Internet aufgetaucht ist, sorgte am Wochenende auf Fach-Websites für Klickrekorde.
Diesmal dreht sich der Plot um die Hauptperson Niko Bellic, einen Mann, dessen Verwandtschaft ihm in Amerika eigentlich Reichtum und Wohlstand versprochen hatte. Als er schließlich aus Osteuropa kommend in der neuen Welt aufschlägt, muss er feststellen, dass auch hier nur das Gesetz der Faust zählt und mafiöse Strukturen die Gesellschaft prägen. So klischeehaft von "Godfather" bis "Scarface" das alles zunächst klingt - Rockstar hat die Spielewelt derart ironisierend aufgebaut, dass man über die vielen Hollywood-Avancen hinwegsieht. (Im letzten großen Teil von GTA, "San Andreas" genannt, orientierte sich der Hersteller am "Gangsta"-Lebensgefühl in Los Angeles der frühen Neunzigerjahre, ohne es an sarkastischen Momenten mangeln zu lassen.)
Noch wichtiger als der teils leidlich vorhersehbare Plot ist aber die Welt, in der GTA IV spielt: Es handelt sich um einen realistischen amerikanischen Albtraum in 3D. Die Stadt Liberty City, in der sich Bellic behaupten muss, ist als Pendant zu New York mit den Stadtteilen Brooklyn (im Spiel "Brooker"), Queens ("Dukes") und Manhattan ("Algonquin") gestaltet. Zusätzlich kann man Ausflüge in ein an New Jersey orientiertes "Alderney" unternehmen. Die Realität des Games ist in Form des so genannten Sandkastenprinzips aufgebaut: Der Spieler kann sich weitgehend frei in allen Bereichen bewegen, mit den unterschiedlichsten Fahrzeugen vom Auto über die U-Bahn bis zum Hubschrauber vorwärts kommen und trifft stets auf neue Möglichkeiten, Aufgaben zu erledigen, die ihn im Spielziel weiterbringen. Wer sich dafür nicht interessiert, kann allein Tage damit zubringen, die Stadt zu erkunden - ein Element, das schon in früheren GTA-Spielen prägend war, bei GTA IV nun aber nochmals erweitert wurde. Wer sich in Liberty City fortbewegt, braucht zum Teil eine Stunde, um von einem Ende des Stadtgebietes an ein anderes zu gelangen.
Ohne Gewalt kommt GTA IV natürlich nicht aus. Von der Pistole über das Maschinengewehr bis hin zum Raketenwerfer darf der Spieler zerstörerisch wirken - für Kinder ist auch dieser Teil der Serie gänzlich ungeeignet. Wer möchte, kann sich im Team auch über das Internet bekriegen - mit der ganzen Stadt als potenziellem Spielgebiet. Das Netz wird auch sonst integriert: Ein so genannter "GTA Social Club" in Form eines sozialen Netzwerks soll Nutzer auch über die Konsole hinaus an das Spiel binden. Selbst an eine nahtlose Vermarktung der im Spiel zu hörenden Songs, die in Form von Radiostationen im Auto zu hören sind, ist gedacht - Rockstar will nicht nur beim Spieleverkauf Rekorde aufstellen.
Die Kritik meint es bislang gut mit GTA IV. Selbst die altehrwürdige "New York Times" ließ sich am Montag zu einem äußerst positiven Testbericht hinreißen. Das Spiel biete einen "liebenswerten und zugleich einfühlsamen Kommentar auf das moderne Amerika", was auch daran liegen könne, dass die Programmierer nicht in den USA sitzen, so das Blatt. Und in der Tat: Das Rockstar-Entwicklerteam arbeitete diesmal vom von der Mafia eher verschonten, schottischen Edinburgh aus. Immerhin standen für die Programmierer und Designer mehrere Rechercheausflüge nach New York auf dem Plan.
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