Commonwealth im Clinch: Schlechtes Klima am Victoriasee
Auf dem Commonwealth-Gipfel torpedieren Kanada und Australien verbindliche Klimaschutz-Verpflichtungen. Indien übernimmt Führung der Nachfolgeorganisation des britischen Empire.
KAMPALA taz Die Flughafenstraße ist frisch geteert, die Leitplanken blitzen frisch geschrubbt, und die Verkehrspolizisten tragen weiße neue Uniformen. Ugandas Hauptstadt Kampala hat sich herausgeputzt für den Gipfel des Commonwealth, der am Sonntag am Victoriasee zu Ende ging. Einhellig lobten offizielle Redner auf der Abschlusssitzung "einen der besten Commonwealth-Gipfel denn je". Aber Kampalas Bewohner stöhnen über die Behinderungen durch den Gipfel, und hinter den Kulissen herrschte viel Streit unter den Staats- und Regierungschefs der 53 Commonwealth-Mitglieder.
Malaysias Premier Abdullah Badawi schwänzte extra die Abschlussveranstaltung und trat vor die Presse, um sich "enttäuscht" über die Vereinbarungen des Gipfels zum Klimaschutz zu äußern. Am Samstag hatten die Gipfelteilnehmer einen "Aktionsplan" zum Klima verabschiedet, der keine Aktionen vorsieht, sondern lediglich "ein langfristig anzustrebendes Ziel für die Reduzierung von Emissionen". Es hätte eine "verbindliche Verpflichtung" sein sollen, aber Kanadas konservative Regierung lehnte das ab, zusammen mit der soeben abgewählten konservativen Regierung Australiens.
Im Alleingang stellten sich zwei Länder, deren CO2-Emissionen pro Kopf zu den höchsten der Welt gehören, gegen die kleinen Inselstaaten, die die Mehrheit der Commonwealth-Mitglieder ausmachen und sich durch steigende Meeresspiegel und zunehmende Stürme bedroht sehen. Sie hatten eine viel schärfere Erklärung gefordert. "Wir hätten uns gewünscht, dass die entwickelten Länder eine Führungsrolle einnehmen", sagte der Malaysier Badawi.
Auch bei einem anderen Thema blieb der Gipfel hinter den Erwartungen zurück. Ruandas vor vier Jahren gestellter Antrag auf Mitgliedschaft wurde erneut vertagt. "Die Führer wollten ein bisschen vorsichtiger sein", sagte der scheidende Commonwealth-Generalsekretär Don McKinnon gestern dazu mit deutlichem Bedauern - in seinem Gipfelblog hatte er zuvor Ruanda in höchsten Tönen gelobt. Nun steht Ruanda erneut auf der Warteliste, zusammen mit den eher aussichtslosen Anwärtern Algerien, Jemen, Madagaskar und Sudan.
Das aus dem britischen Empire hervorgegangene Commonwealth zählt 53 Mitglieder - die beiden derzeit suspendierten Länder Pakistan und Fidschi eingeschlossen - und umfasst ein Drittel der Weltbevölkerung. Seine Hauptaufgaben sind die Herausbildung gemeinsamer Positionen des anglophonen Sprachraums in der internationalen Diplomatie und die Sicherung demokratischer Mindeststandards unter seinen Mitgliedern. Außerdem fördern die vielen Commonwealth-Business-Veranstaltungen Investitionen und Handelsverflechtungen.
Weiter wählten die Gipfelteilnehmer einen Inder zum nächsten Commonwealth-Generalsekretär. Kamalesh Sharma, der bisherige indische Botschafter in London und frühere UN-Sonderbeauftragte für Osttimor, setzte sich gegen Maltas Außenminister durch und löst im April 2008 den Neuseeländer McKinnon ab, der nach acht Jahren im Amt aufhört. "Acht Jahre sind wohl die optimale Zeitspanne, um ein Ziel zu erreichen", bilanzierte McKinnon. Da lachten die ugandischen Zuhörer, weil Ugandas Präsident Museveni keine Miene verzog. Museveni steht in Uganda unter Druck, weil er nicht von der Macht lassen will. Er regiert seit 1986, 2006 ließ er sich für eine dritte Amtszeit wählen. Nun reden seine Anhänger schon von einer vierten ab 2011.
Vergeblich hatte Ugandas Opposition Commonwealth-Strafmaßnahmen gegen ihr Land gefordert und auf das ausgetretene Simbabwe unter Robert Mugabe verwiesen. Das paradoxe Ergebnis ist, dass die ugandische Opposition nun mit Mugabe-Anhängern in Kampala auf die Straße ging, während der simbabwische Oppositionsführer Morgan Tsvangirai zum Star des zivilgesellschaftlichen Commonwealth-Parallelgipfels wurde.
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