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Clinton-Kurs im Fernsehen

■ US-Präsident Clinton erläutert Sparkurs/ Erste Reaktionen positiv

Washington (taz) – Nicht, daß die Nachricht irgend jemanden überrascht hätte: US-Präsident Bill Clinton will die Steuern erhöhen.

Betroffen sind nicht nur obere Einkommensklassen, jene AmerikanerInnen mit einem Jahreseinkommen von über 100.000 Dollar, die zu schröpfen Clinton schon im Wahlkampf versprochen hatte. In der ersten Fernsehansprache seit seiner Amtsübernahme hielt Clinton Montag abend einen Grundkurs in Sachen Volkswirtschaft ab, jonglierte im Stile Ross Perots mit Schautafeln und Statistiken, um das düstere Erbe der letzten zwölf Jahre zu verdeutlichen – und gestand schließlich, was ohnehin jeder wußte: In den letzten Monaten habe er so hart wie noch nie in seinem Leben gearbeitet, um sein Wahlversprechen einzulösen, und der Mittelschicht den Aufschwung ohne Steuererhöhungen oder gar mit Steuererleichterungen zu bringen. „Doch das kann ich nicht, weil das Haushaltsdefizit weit über meinen früheren Schätzungen liegt.“

Seinem Schlagwort vom Wandel hat Clinton nun wie bei der Mobilisierung für einen Kreuzzug noch ein weiteres hinzugefügt: Opferbereitschaft nämlich – angereichert mit einer gehörigen Portion Patriotismus. Er rufe seine Landesleute zu den Waffen, erklärte der Präsident, „um dem amerikanischen Traum wieder Leben einzuhauchen“.

Die message, so zeigten die ersten Meinungsumfragen in der Nacht zum Dienstag, kam im Land gut an. Selbst die Opposition im Senat in Gestalt des republikanischen Fraktionsvorsitzenden Robert Dole konnte nicht anders, als sich kooperativ zu zeigen.

In einer zweiminütigen Gegenansprache erklärte Dole, die Republikaner im Senat hätten Clinton zum Lunch eingeladen und „würden sich freuen, gemeinsam mit ihm sein Programm durchzugehen“.

Solch devotes Auftreten spricht für die neue Öffentlichkeitsarbeit der Administration. Clintons TV- Auftritt aus dem Weißen Haus war der bisherige Höhepunkt einer großangelegten PR-Kampagne, um jenes Wirtschaftsprogramm zu „verkaufen“, dessen Details der Präsident endgültig heute abend in einer Rede vor dem US-Kongreß präsentieren will. Das dürfte in groben Zügen etwa so aussehen: Ein Investitionspaket zur kurzfristigen Ankurbelung der Wirtschaft in Höhe von rund 30 Milliarden Dollar; Steuererhöhungen für Großverdiener; die Einführung einer breitangelegten Energiesteuer, die hauptsächlich die Mittelschicht trifft, sowie möglicherweise einer stärkere Besteuerung der Sozialversicherungszahlungen für RentnerInnen, deren Jahreseinkommen über 25.000 Dollar liegt. Kürzungen im Rüstungshaushalt, beim Personal aller Bundeseinrichtungen sowie bei den Verwaltungskosten der Regierung sollen für weitere Einsparungen sorgen.

Seit über einer Woche sind Clinton und sein Kabinett im ganzen Land unterwegs, besetzen die Stühle in den Talk-Shows, halten „elektronische Town-Meetings“ ab und versorgen die Presse in Washington mit immer neuen Schlagzeilen über mögliche radikale Kürzungs- oder Besteuerungsideen, die dann nach einem kalkulierten Sturm der Entrüstung wieder zurückgenommen werden.

Gleichzeitig wahrt Clinton in seinen Auftritten eine deutliche Distanz zum Bürokratenzentrum der Hauptstadt, dessen Ruf im Rest des Landes weit über das traditionelle Mißtrauen gegen jede Form von Regierung hinaus ramponiert ist. Sein Programm beruhe letztlich nur auf „gesundem Menschenverstand“, erklärte Clinton in seiner Ansprache aus dem „Oval Office“. Aber der sei in Washington nicht allzu weit verbreitet – ein deutliches Signal vor allem an die demokratischen Abgeordneten in Senat und Repräsentantenhaus, sich loyal zu verhalten und sich dem innenpolitischen Aktivitätsdrang des Präsidenten nicht zu widersetzen. Andrea Böhm

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