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„Cinema for Peace“-Eklat, nächste RundeEisbär? Nicht gefickt

Natalie Portman beleidigt? Ein unbedrängt gebliebener Eisbär? Die Groteske um die Friedensgala geht weiter. Jetzt melden sich die Yes Men zu Wort.

Das war eigentlich nicht geplant: Ein Eisbär auf dem roten Teppich. Screenshot: vimeo/Yes Men, Peng Collective & Gitz Crazyboy

BERLIN taz | Diese Auseinandersetzung hat alles, was eine gute Boulevard-Geschichte braucht: große Emotionen und prominente Namen, dazu Juristen im Offensivmodus und einige noch offene Fragen. Ja, es geht um die Gefühle der Hollywood-Schauspielerin Natalie Portman und letztlich auch irgendwie um die Frage, weshalb auf der Bühne kein Eisbär gefickt wurde.

Im bizarren Streit um den Verlauf der diesjährigen Cinema-for-Peace-Gala in Berlin geht die mediale Auseinandersetzung in die nächste Runde. Nun melden sich die US-Kultaktivistengruppe Yes Men und weitere Aktivisten zu Wort – mit einem Entschuldigungsschreiben an Natalie Portman und einem munteren Video. Doch eins nach dem anderen. Worum geht es hier überhaupt?

Am 9. Februar hatte nach eigenen Angaben ein Privatunternehmen namens Star Entertainment GmbH die sogenannte Cinema for Peace-Gala in Berlin ausgerichtet. Der Chef des Unternehmens, Jaka Bizilj, ist auch in führender Position bei der sogenannten Cinema for Peace Foundation tätig. Auf dem Charity-Event wurden unter anderem Filme gewürdigt, die sich mit Krieg und Frieden befassen. Auch wurden Spenden eingetrieben und der kaufkräftigen Klientel Produkte angeboten, wie etwa ein Meeting mit Leonardo di Caprio oder ein Treffen mit Pussy Riot.

Allerdings: Nicht alle Gäste waren der Meinung, dass Champagnerschlürfen in feiner Umgebung zur würdigsten Art der Friedensarbeit zählen müsste - und so griff sich kurz nach einer Rede der US-Schauspielerin Natalie Portman etwa der Yes-Men-Aktivist Mike Bonanno das Mikrofon, und forderte die betuchten Gäste im Saal unter anderem auf, nicht weiter in den Abbau fossiler Energien zu investieren. Kurze Zeit später wurde er von der Bühne getragen.

Dabei hatten die Veranstalter noch Glück gehabt: Eigentlich wollten Bonanno und seine Leute ein Eisbärenkostüm auf die Bühne bringen, das dann von hinten bedrängt werden sollte. Motto: Wie der Mensch die Umwelt fickt. Das verhinderten die Veranstalter jedoch. So weit, so gut.

Allerdings: Schon einen Tag nach der Gala begannen die Veranstalter, offensiv gegen missliebige Berichterstattung vorzugehen. Allein gegen einem vom Berliner Tagesspiegel veröffentlichten Text wollten die Veranstalter später eine Unterlassungserklärung in gleich 23 Punkten erwirken. Auch von der taz hätten sie am liebsten eine Unterlassungserklärung.

Die Veranstalter behaupteten kühn: Es habe an dem Abend weder Pannen noch Störungen gegeben – und wollten offenbar auch gern die Deutungshoheit über die Protestaktion der Yes Men für sich behalten. Nach ihrer Darstellung der Dinge, soll es sich bei der Polit-Aktion der Yes Men um eine Satire-Aktion gehandelt haben, die gut zum Thema des Abends gepasst habe.

Auf dem juristischen Parkett gehen sie allerdings noch weiter. So wollen sie etwa nie wieder lesen, dass es im Konzerthaus nach Kohl gerochen habe und auch nicht, dass Gala-Chef Jaka Bizilj verstimmt und Schauspielerin Natalie Portman beleidigt gewesen seien. Das ist schon deshalb interessant, weil es Bizilj selbst war, der nach der Gala sichtlich verstimmt den Yes-Men-Aktivisten Mike Bonanno dazu aufgefordert hatte, sich bei Natalie Portman zu entschuldigen. Geld, Gossip und große Gefühle – ist das nicht eine Steilvorlage für die Kommunikationsguerilla?

Doch, dachten sich offenbar die Yes Men, der Aktivist Gitz Crazyboy und die ebenfalls beteiligten Aktivisten der Berliner Aktionsgruppe „Peng!“. Im Netz ist nun eine Homepage (Titel: „Entschuldigung an Natalie Portman“) aufgetaucht, die das leicht veränderte Logo der Cinema for Peace-Foundation zeigt: eine Friedenstaube. Auf der Homepage ist der Vogel allerdings im Sinkflug zu sehen.

In einem Schreiben entschuldigen sich die Aktivisten aufrichtig bei Natalie Portman und bieten ihr an, künftig zusammenzuarbeiten. Dann beschreiben sie im Detail, welche Aktion sie eigentlich an dem Abend geplant hatten und kommen zu dem Schluss, dass es „wahrscheinlich das Beste“ gewesen sei, „dass es uns nicht gelang, den Eisbären auf der Bühne zu ficken, während das Publikum Champagner schlürfte.“

In einer Zeit, in der der Klimawandel die Umwelt und das Leben bedrohe, schreiben sie in dem öffentlichen Brief, „sind wesentlich radikalere Aktionen nötig als bei Charity-Auktionen auf schicke Kunstwerke zu bieten.“

„Sie meinten es wohl satirisch“

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Ebenfalls auf der Homepage ist ein Video zu sehen, das die Aktivisten „online gefunden“ haben wollen. Das Video, das optisch im Stile der Cinema for Peace-Gala daherkommt, rechnet auch mit der Selbstdarstellung der Veranstalter ab. Unter anderem ist darin zu sehen, was am Abend der Cinema for Peace-Gala jenseits der offiziellen Darstellungen noch hinter den Kulissen abgelaufen ist. Auch im Bild: ein darniederliegender Eisbär, die Aktivistinnen von Pussy Riot und ein Ordner, der einem Filmemacher vorübergehend sein Handy wegnimmt.

Am Ende des Videos nehmen die Macher auch Bezug auf das Thema des Abends: die Meinungsfreiheit. Dabei verweisen sie darauf, dass Cinema for Peace mit juristischen Mitteln gegen eine kritische Berichterstattung vorgeht. Dann endet das Video mit einer Erklärung: „Wir glauben, sie meinten es wohl satirisch.“

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6 Kommentare

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  • "weshalb auf der Bühne kein Eisbär gefickt wurde"

    letzte Woche gab es einen Kommentar einer Taz-Autorin zum Thema "ungeficktheit".

    Artikel in solch einer Haltung häufen sich, und in meinem Kopf macht es jedesmal knacks wenn ich das lese.

    Warum fühlt sich niemand sonst von den Kommentatores hier derart ärgerlich und bedroht angesichts dieser Wortwahl?

     

    "dich ficken wir nochmal richtig"

    "hau ab zu deinen komischen linken freunden, die sollen dich mal richtig ficken! aber das können wir auch erledigen..."

    ...

    jedesmal wenn ich sowas wie in diesem Artikel lese, frage ich mich: wenn Aktivisten wie bei den yes-men und AutorInnen einer an sich von mir geschätzten Zeitung genau den gleichen Jargon verwenden: seid ihr dann in Wirklichkeit genauso?

     

    nochmal deutlich: vielleicht ist das mit der Emanzipation noch nicht so weit her und deshalb fühlen sich möglicherweise Leute unbeholfen, mit welchen Wörtern sie über Sex sprechen sollen.

    Aber denkt bitte etwas nach, wie ihr euch ausdrückt.

    Diesen Jargon mit "ficken" kenne ich wirklich nur im Kontext von objektivierung, gewalt und bedrohung.

     

    ps: alle Männer, die hierauf antworten möchten ich solle nicht so "empfindlich" sein:

    wir sprechen uns wieder nachdem ihr Bekanntschaft gemacht habt mit einigen der oben von mir zitierten Typen

    • @peter märz:

      Ich denke tatsächlich, dass man/frau sich nicht so sehr an einzelnen Wörtern festhalten sollte. Wichtiger ist, wie Menschen sich verhalten. Ich kenn' Übergriffe eher von Frauen und da ist es Homophobie oder "Wegbeißen", aber da kann man/frau nix machen. Außer ganz rigoros zu sagen: Jedes Recht, das Du mir verweigerst, soll sofort und unmittelbar auch für Dich erlöschen. Menschen, die sich als "lustbetont" darstellen wollen, sollte man/frau das lieber nicht zurückgeben, weil man/frau dann angeblich in sexuelle Zudringlichkeiten eingewilligt hat bzw. das dann halt auf einen abgeschoben wird, dass man das angeblich mit denen und nicht umgekehrt, gemacht hat. Und dann wollen sie sich nur noch "rächen" (werden also umso zudringlicher) Auch nicht brüsk zurückweisen, dann ist man/frau halt "frigide" und "prüde". Besser: Fragen, ob er/sie einem mal zeigen kann, wie toll er/sie flirten kann, anhand einer "hochwertigen" (nenn es "besonders attraktive") Frau (werden bes. "Linke" nicht wollen. Ihre eigenen Frauen sind ja heilig). Oder fragen, ob er/sie mit einem noch einen Trinken geht, man wolle ihn/sie gern näher kennenlernen (Das letzte, worauf solche Leute aus sind und es kann auch nicht als "sexistischer"/"homophober" Übergriff Deinerseits gewertet werden.)

    • @peter märz:

      nene, Ficken ist schon i.O., hier macht (im Unterschied zu anderen Wörtern) der Kontext die Musik

  • Es vergeht kaum ein Tag mehr ohne dieses von der TAZ so geliebte Wort FICKEN - ihr seid ja so cool ... oder einfach nur plattestes Niveau?

     

    Wann kommt endlich das Fleisch auf die Tittelseite, um Leser zu catchen?

    • @shumil:

      Ja, es soll tatsächlich cool sein. Ihre Frauen soll es z.B. "machohaft" wirken lassen. Pass bloß auf, dass Du in X-Berg niemanden von denen hinter Dir hast, wenn es Dir mal 'rausrutscht. dann ist das "sexistischer Sprachgebrauch" und die werden Dich über Jahre dafür fertigmachen.

    • @shumil:

      vllt. ist für den Autor Ficken nur ein Wort wie jedes andere, und Sie fantasieren sich hier was zusammen?