Christen auf der Jugendmesse: Plastikembryo to go
Auf der Jugendmesse You werben radikale Abtreibungsgegner bei Mädchen für ihr Anliegen.
Das Gespräch beginnt harmlos. "Mögen Sie Gummibärchen?" Der Mann reicht eine Tüte herüber. Dann folgt seine Botschaft. "In der sechsten Schwangerschaftswoche haben Kinder die Größe eines Gummibärchens." Er holt einen kleinen, am Daumen lutschenden Plastikembryo aus seinem Vorrat. "Und so groß ist ein Kind in der zehnten Woche. Da werden sie noch abgetrieben, stellen Sie sich das vor."
Von Freitag bis Sonntag findet auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof die Jugendmesse You statt. Neben dem Stand der Berliner Justiz, die um Azubis wirbt, haben sich Abtreibungsgegner breitgemacht. Vertreter der christlichen Vereine Kaleb (Kooperative Arbeit Leben ehrfürchtig bewahren) und ALfA (Aktion Lebensrecht für Alle) sprechen die Jugendlichen an. Gummibärchen, Broschüren und Plastikembryonen wandern in die Taschen vor allem junger Frauen.
"Organisationen wie ALfA fördern keine sexuelle Aufklärung. Sie beschränken sich auf die Dämonisierung der Abtreibung und auf die emotionale Erpressung von Mädchen und Frauen", kritisiert Sarah Diehl von "Pro Choice Berlin". Sie befürchtet, dass das Verteilen von Plastikpuppen bei Schwangeren emotionale Probleme auslösen könnte.
Die Pressesprecherin der Messe verteidigt die Präsenz der Abtreibungsgegner. "Die Jugendlichen sollen die Möglichkeit haben, sich selbst eine Meinung zu bilden," sagt Astrid Ehring. Auch Pro Familia und der Lesben- und Schwulenverband seien vor Ort. "Die Messe bildet ein breites Spektrum ab, das sich auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegt." Ob auch die NPD einen Stand bekäme? Ehring sagt: "So eine Anfrage hatten wir noch nicht. Das müsste man im Einzelfall prüfen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz