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Chirac lächelt bescheiden

■ Charme-Offensive des französischen Präsidenten, der seinen Landsleuten zugleich mitteilt, daß von nun an gespart werden muß

Paris (taz) – Vier werden es noch sein, sagt Jacques Chirac, vier Atomtests bis zum nächsten „Na, wie war noch das Wort für printemps?“ In beinahe lückenlosem Englisch erklärt der französische Präsident am Dienstag seine Politik in dem US-Fernsehsender CNN.

Tags darauf versichert er dem russischen Präsidenten Jelzin in Paris strahlend seine Sympathie. Abends tafelt er mit Kohl in Bonn und dementiert energisch alle Berichte über Probleme in den deutsch-französischen Beziehungen. 24 Stunden später schwärmt er seinen Landsleuten von den Erfolgen der deutschen Wirtschaft vor. Kurz darauf verabschiedet er den niederländischen Premierminister Kok, dessen Land er wegen der Drogenpolitik gerade öffentlich angegriffen hat, nach einem gemeinsamen Abendessen wie einen guten alten Freund.

Kein Zweifel: Chirac ist auf Charme-Offensive. Und das nicht nur auf dem internationalen Parkett, sondern auch in Frankreich, wo er so unbeliebt geworden ist, wie es keiner seiner Vorgänger in so kurzer Zeit geschafft hat.

„Ich bin nicht gewählt worden, um populär zu sein, sondern um das Land zu sanieren“, erklärte Chirac am Donnerstag abend im französischen Fernsehen. Und dann rückte er mit der Sprache heraus: Das größte Problem und die allerhöchste Priorität der Politik sei das Haushaltsdefizit. Zwei Jahre lang gelte es nun, den Gürtel enger zu schnallen und die Finanzen zu sanieren. Dann erst käme Frankreich aus dem Tunnel und könnten die Steuern und Sozialabgaben gesenkt werden.

Das Sparprogramm, dessen Details Chirac nicht nannte, ist das exakte Gegenteil dessen, was er bisher gesagt hat. Im Gegensatz zu seinen Wahlkampfversprechungen, einer Kombination von mehr Sozialleistungen und einer liberalen Finanzpolitik, gesteht er heute bescheiden ein, daß er die finanzielle Lage seines Landes „vielleicht“ unterschätzt habe und die Bürde seines Amtes „vielleicht“ auch. Dabei zeigte er neben der neuen Rigorosität auch ein neues Bemühen um europäisches Raisonnement: Erstmals begründet er eine unpopuläre Politik nicht mit der Terminplanung für die einheitliche europäische Währung, sondern mit innerfranzösischen Notwendigkeiten. Die hohen Schulden bedeuteten hohe Zinssätze und damit eine hohe Arbeitslosigkeit, sagte Chirac.

In Paris wurden gestern erste Sparvorschläge gehandelt – darunter eine höhere Selbstbeteiligung von Kranken und Lohnsenkungen. Viele Franzosen erinnert die radikale Kehrtwende an Mitterrands Absage an die sozialistischen Wirtschaftspolitik, die allerdings erst 1983 kam – zwei Jahre nach dessen Wahl. Dorothea Hahn

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