Chinas Sportpolitik: Hü und hott, Boy und kott

Das Verhältnis der Volksrepublik zu den Olympischen Spielen war schon immer von Drohungen und politisch begründetem Fernbleiben geprägt.

Drei chinesische Sportler zeigen lachend ihre "I love Ney York"-Buttons

Chinesische Wintersportler auf der Reise zu den Olympischen Spielen 1980 in Lake Placid (USA) Foto: ap/picture alliance

Die Einladung an die Volksrepublik China, sie dürfe 1952 an den Olympischen Spielen in Helsinki teilnehmen, kam erst einen Tag vor der Eröffnungsfeier in Peking an. Trotzdem wurde ein Flugzeug organisiert, was ein paar Tage dauerte, und wenige Tage vor Ende der Spiele traf eine 40-köpfige Delegation in Finnland ein. Antreten konnte nur noch ein Schwimmer, die anderen Wettkämpfe waren schon vorbei. Wu Chuanyu kam über 100 Meter Rücken nicht über den Vorlauf hinaus. Immerhin, an der Abschlussfeier nahm die Delegation der Volksrepublik teil.

Die „Republik China“, also Taiwan, war da schon abgereist. Das IOC hatte beide Staaten eingeladen, aber die Volksrepublik lehnte Taiwans Teilnahme prinzipiell ab, und Taiwan lehnte es ab, „Taiwan“ zu heißen. Erst 1954 nahm das IOC das „Chinesische Olympische Komitee“, gemeint war das der Volksrepublik, mit knapper Mehrheit auf: 23:21. Und lud es gleich für die Spiele 1956 nach Melbourne ein. Aber im letzten Moment entschloss sich Peking zum Boykott: Grund war die Teilnahme Taiwans. Aber da sich Taiwan nicht „Republik China“ nennen durfte, boykottierte es auch.

1958 trat die Volksrepublik wieder aus dem IOC aus und suchte nach anderen Wegen, im Weltsport Gewicht zu erhalten. Als Indonesiens Diktator Sukarno 1962 die Asienspiele, die unter der Obhut des IOC stattfinden, nicht so ausrichten durfte, wie er wollte – nämlich ohne Taiwan und ohne ­Israel –, rief er eine Gegenolym­piade aus: ­Ganefo, „Games of the New Emerging Forces“, Spiele der neuen aufstrebenden Mächte. Bei dieser sportpolitischen Kampfansage etlicher Dritt-Welt-Staaten wollte China führend dabei sein.

Gegenolympiade in Jakarta

Als die Ganefo 1963 im indonesischen Jakarta mit 2.200 Athleten aus 48 Ländern stattfanden, war China nicht nur dabei, es hatte auch die Anreisekosten der Delegationen übernommen. Bei den zweiten – und letzten – Ganefo-Spielen 1966 in Phnom Penh in Kambodscha war es wieder so. Und als 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko schwarze US-Sportler für ihre Rechte demonstrierten – und damit Hass und Repression des IOC auf sich zogen – meldete sich auch die Volksrepublik mit einem Solidaritäts-Statement.

Es dauerte bis 1979, bis die Volksrepublik China wieder ins IOC aufgenommen wurde, und 1980 bei den Winterspielen in Lake Placid (USA) nahm erstmals eine chinesische Mannschaft teil. Ohne großen Erfolg, aber im Biathlon gab es immerhin viermal einen 14. Platz.

1980, als der Westen Moskau boykottierte, fehlte China auch

Bei den Sommerspielen 1980 fehlte die Volksrepublik China jedoch. Ein Sprecher des Außenamtes erklärte schlicht, dass man keine Sportler entsenden wolle. Viele Nato-Staaten und etliche islamisch geprägte Länder hatten damals wegen der sowjetischen Afghanistan-Intervention die Spiele boykottiert.

32 Medailien in Los Angeles

Ob die Volksrepublik 1984 an den Spielen in Los Angeles teilnehmen würde, war lange unklar. Etliche Staaten des Warschauer Pakts hatten sich zum Gegenboykott entschlossen, doch China reiste an. Mit welchem sportlichen Anspruch China in den Weltsport zurückkehrte, erlebte der Leichtathlet Zhu Jianhua. Der Weltrekordler reiste als Favorit nach Los Angeles; als er dort nur Dritter wurde, hagelte es Drohungen. Gleichwohl präsentierte sich die Volksrepublik vom Start weg als Sportmacht: Mit insgesamt 32 Medaillen wurde sie Vierter in der Nationenwertung.

2001 wurde China in die Welthandelsorganisation WTO aufgenommen. 2001 verkündete das IOC, dass die Spiele 2008 in Peking stattfinden. Solche Sport-Mega-Events sind eine Möglichkeit, sagt der britische marxistische Sporthistoriker Tony Collins, „mit der Regierungen dem Rest der Welt signalisieren könnten, dass sie ein williges und eifriges Mitglied der globalen Business-Community werden wollen“.

Der Krach mit Taiwan ist so ganz immer noch nicht ausgestanden: 2008 nahm Taiwan nach langen Verhandlungen in Peking teil, und für die anstehenden Winterspiele hatte es sich zunächst gegen eine Teilnahme entschieden, aber am Montag dieser Woche bestätigte Taiwan, vier Sportler zu entsenden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.