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China zur BundestagswahlHoffen auf den Status quo

Peking erwartet von der neuen Bundesregierung eine Fortführung der freundlichen Chinapolitik. Also: Wirtschaft vor Menschenrechte.

Bald muss er ohne sie auskommen: Xi Jinping und Merkel bei einem Fußballspiel 2017 in Berlin Foto: Ronald Wittek/pool

Peking taz | Das Propagandaorgan Global Times ist üblicherweise für seine reißerischen, nationalistischen Töne bekannt. Doch dieses Wochenende schwelgt die chinesische Staatszeitung auf geradezu herzerwärmende Weise in den Erinnerungen der letzten 16 Jahre Angela Merkel: In einer riesigen Grafik lässt sie die Chinabesuche der scheidenden Kanzlerin Revue passieren – von einer gemeinsamen Bierverkostung mit Premier Li Keqiang bis hin zum letzten Fototermin am Jangtse-Fluss in Wuhan im September 2019.

Es ist kein Zufall, dass die scheidende Kanzlerin von Peking nun mit einer solch gehörigen Portion Nostalgie zelebriert wird. „Kein anderer westlicher Staatschef hat China so oft besucht wie Merkel, sie hat fast im ganzen Land ihre Spuren hinterlassen“, twittert Rita Bai, Reporterin der Global Times. „Nach ihrem Rücktritt dürften die chinesisch-deutschen Beziehungen höchstwahrscheinlich unter großen Unvorhersehbarkeiten leiden.“

Merkel stand in den Augen Pekings stets für einen kon­struktiven Kurs: Kritik an Menschenrechtsvergehen wurde zwar geäußert, doch im Fokus standen die gemeinsamen Wirtschaftsbeziehungen.

Zu ihrem Amtsantritt war Merkels Chinapolitik noch wenig kontrovers, doch spätestens mit Staatschef Xi Jinping, der seine Machtpolitik auch auf dem internationalen Parkett immer aggressiver verfolgt und im Inland Dissens mit eiserner Hand unterdrückt, ist sie geradezu anachronistisch geworden. Fast sämtliche westliche Staaten haben in den letzten Jahren kritischere Töne gegen Peking eingeschlagen.

Rote Linie

„Wir hoffen und erwarten von der neuen deutschen Regierung, dass sie ihre pragmatische und balancierte Politik gegenüber China fortsetzt“, heißt es in einer ersten Reaktion von Außenministeriumssprecherin Hua Chunying am Montag.

Peking geht es vor allem darum, dass sich andere Staaten nicht in „innere Angelegenheiten“ einmischen: Kritik an Hongkong, den Menschenrechtsverbrechen in Xinjiang oder der intransparenten Aufklärung des Covid-Ursprungs sind für Xi Jinping rote Linien, die nicht übertreten werden dürfen. Andernfalls reagiert die Staatsführung mit ökonomischen Vergeltungsmaßnahmen.

Doch die Kritik an Deutschlands weichem Chinakurs wächst. „Deutschland muss seine Beziehungen zu China im breiteren europäischen Interesse neu ausrichten“, heißt es von der Londoner Denkfabrik European Council on Foreign Relations: „Merkels Fokus auf einen bilateralen Ansatz mit Peking hat zu einer stärkeren Fragmentierung der europäischen Chinapolitik beigetragen.“

Auf Weibo, Chinas führender Onlineplattform, betrauern die meisten User die Stimmenverluste der CDU. Viele erklären sich die Niederlage der Regierungspartei mit Merkels Flüchtlingspolitik von 2015, die von den meisten Chinesen als naiv kritisiert wird. Doch abseits davon ist ihr Ansehen in der Volksrepublik nach wie vor tadellos: „Bundeskanzlerin Merkel ist ein Vorbild für die Beziehungen zu China“, meint ein Weibo-Nutzer. Ein anderer kommentiert: „Ich hoffe, Deutschland bleibt nüchtern – und wird nicht von Amerika auf einen falschen Weg gebracht.“

Die bisherigen Aussagen von Armin Laschet und Olaf Scholz lassen tatsächlich auf eine Fortführung des Status quo gegenüber der Volksrepublik schließen. Die härteste Kritik an Peking stammt hingegen von den Grünen. Diese suchen auch am engsten die transatlantische Kooperation – für Xi Jinping wäre es die Urangst, wenn nun auch Berlin sich dem Konfrontationskurs Washingtons anschlösse.

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1 Kommentar

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  • "Deutschland muss seine Beziehungen zu China in breiteren europäischen Interesse neu ausrichten" bedeutet übrigens seine wirtschaftlichen und politischen Interessen (gute diplomatische Beziehungen zum zweitmächtigsten Staat der welt sehe ich als politisches Interesse Deutschlands) den geopolitischen Ambitionen des Westens unterordnen. Zudem würde ein Konfrontationskurs Deutschlands zu mehr Unterdrückung führen statt zu weniger, da China dann umso mehr die Destabilisierung Chinas durch westliche Akteure fürchten würde.

    Ein Blick in die Geschichte Chinas insbesondere das Jahrhundert der Demütigung, als sich sehr viele Länder erfolgreich in China einmischten mit katastrophalen Folgen für den Großteil aller Chinesen lässt die Reaktionen auf westliche Einmischungsversuche übrigens sehr verständlich erscheinen.

    In Bezug auf Menschenrechte ist übrigens ein Blick nach Saudi-Arabien lohned, gegen das noch keine Sanktionen gefordert wurden.