China zur Bundestagswahl: Hoffen auf den Status quo
Peking erwartet von der neuen Bundesregierung eine Fortführung der freundlichen Chinapolitik. Also: Wirtschaft vor Menschenrechte.
![Merkel und Xi Jinping sitzen in einem Fußballstadion. Xi Jinping klatscht und schaut lachend zu Merkel, diese beugt sich nach vorne und versteckt ihr Gesicht in ihren Händen. Sie wirkt so, als würde sie gerade sehr lachen Merkel und Xi Jinping sitzen in einem Fußballstadion. Xi Jinping klatscht und schaut lachend zu Merkel, diese beugt sich nach vorne und versteckt ihr Gesicht in ihren Händen. Sie wirkt so, als würde sie gerade sehr lachen](https://taz.de/picture/5126858/14/28508091-1.jpeg)
Es ist kein Zufall, dass die scheidende Kanzlerin von Peking nun mit einer solch gehörigen Portion Nostalgie zelebriert wird. „Kein anderer westlicher Staatschef hat China so oft besucht wie Merkel, sie hat fast im ganzen Land ihre Spuren hinterlassen“, twittert Rita Bai, Reporterin der Global Times. „Nach ihrem Rücktritt dürften die chinesisch-deutschen Beziehungen höchstwahrscheinlich unter großen Unvorhersehbarkeiten leiden.“
Merkel stand in den Augen Pekings stets für einen konstruktiven Kurs: Kritik an Menschenrechtsvergehen wurde zwar geäußert, doch im Fokus standen die gemeinsamen Wirtschaftsbeziehungen.
Zu ihrem Amtsantritt war Merkels Chinapolitik noch wenig kontrovers, doch spätestens mit Staatschef Xi Jinping, der seine Machtpolitik auch auf dem internationalen Parkett immer aggressiver verfolgt und im Inland Dissens mit eiserner Hand unterdrückt, ist sie geradezu anachronistisch geworden. Fast sämtliche westliche Staaten haben in den letzten Jahren kritischere Töne gegen Peking eingeschlagen.
Rote Linie
„Wir hoffen und erwarten von der neuen deutschen Regierung, dass sie ihre pragmatische und balancierte Politik gegenüber China fortsetzt“, heißt es in einer ersten Reaktion von Außenministeriumssprecherin Hua Chunying am Montag.
Peking geht es vor allem darum, dass sich andere Staaten nicht in „innere Angelegenheiten“ einmischen: Kritik an Hongkong, den Menschenrechtsverbrechen in Xinjiang oder der intransparenten Aufklärung des Covid-Ursprungs sind für Xi Jinping rote Linien, die nicht übertreten werden dürfen. Andernfalls reagiert die Staatsführung mit ökonomischen Vergeltungsmaßnahmen.
Doch die Kritik an Deutschlands weichem Chinakurs wächst. „Deutschland muss seine Beziehungen zu China im breiteren europäischen Interesse neu ausrichten“, heißt es von der Londoner Denkfabrik European Council on Foreign Relations: „Merkels Fokus auf einen bilateralen Ansatz mit Peking hat zu einer stärkeren Fragmentierung der europäischen Chinapolitik beigetragen.“
Auf Weibo, Chinas führender Onlineplattform, betrauern die meisten User die Stimmenverluste der CDU. Viele erklären sich die Niederlage der Regierungspartei mit Merkels Flüchtlingspolitik von 2015, die von den meisten Chinesen als naiv kritisiert wird. Doch abseits davon ist ihr Ansehen in der Volksrepublik nach wie vor tadellos: „Bundeskanzlerin Merkel ist ein Vorbild für die Beziehungen zu China“, meint ein Weibo-Nutzer. Ein anderer kommentiert: „Ich hoffe, Deutschland bleibt nüchtern – und wird nicht von Amerika auf einen falschen Weg gebracht.“
Die bisherigen Aussagen von Armin Laschet und Olaf Scholz lassen tatsächlich auf eine Fortführung des Status quo gegenüber der Volksrepublik schließen. Die härteste Kritik an Peking stammt hingegen von den Grünen. Diese suchen auch am engsten die transatlantische Kooperation – für Xi Jinping wäre es die Urangst, wenn nun auch Berlin sich dem Konfrontationskurs Washingtons anschlösse.
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