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China: Erneute Todesurteile

■ Sieben Menschen hingerichtet / Führung sichert Kontrolle über Medien / Volkszeitung ruft zum Kampf gegen internationale kapitalistische Tendenzen auf

Peking (afp/dpa/taz) - Sieben Menschen wurden gestern in der südchinesischen Stadt Changsha unmittelbar nach der Urteilsverkündung durch Genickschüsse getötet. Die amtliche chinesische Presse bezeichnete die Opfer als „Kriminelle“. Einem ebenfalls zum Tode verurteilten „Aufrührer“ namens Li Wei Dong sei ein Aufschub von zwei Jahren gewährt worden, wonach die Todesstrafe in lebenslange Haftstrafe umgewandelt werden kann. Er habe sich zusammen mit 26 anderen Personen wegen Beteiligung an der Aufruhr von Changsha verantworten müssen, bei der am 22. April mehrere Geschäfte ausgeraubt und verschiedene Fahrzeuge in Brand gesteckt worden seien, hieß es in der Pekinger 'Volkszeitung‘, dem Zentralorgan der Partei.

Die 26 Mitangeklagten wurden zu Gefängnisstrafen zwischen zwölf Monaten und 15 Jahren verurteilt. Die Vorwürfe gegen die als Kriminelle bezeichneten Hinrichtungsopfer wurden in der Presse nicht veröffentlicht.

Das Zentralorgan der Partei rief unterdessen zum Kampf gegen internationale kapitalistische Tendenzen auf. Die beiden obersten Führungskräfte der 'Volkszeitung‘, die über die siebenwöchigen Demonstrationen mit positiven Untertönen berichtete, wurden entlassen. Zum neuen Geschäftsführer avancierte das 62 Jahre alte ZK-Mitglied und Spezialist in Parteifragen Gao Di. Er war bisher stellvertretender Präsident der zentralen Parteischule in Peking, für die der 65 Jahre alte Sicherheitschef verantwortlich ist. Qiao Shi gilt als aussichtsreichster Kandidat für den Fortsetzung auf Seite 2

Kommentar auf Seite 8

FORTSETZUNGEN VON SEITE 1

Posten des entmachteten KP-Chefs Zhao Ziyang und sichert sich damit die Kontrolle über die Medien. An die Stelle des ausgeschiedenen Chefredakteurs Tan Wenrui tritt der bisherige Propagandachef der allgemeinen politischen Abteilung der Volksbefreiungsarmee, Shao Huaze. Wortgetreu übernahm die Volkszeitung am Freitag in ihrem Leitartikel die Argumentation Deng Xiaopings. Am Freitag nachmittag erging sich das chinesische Fernsehen in einer breiten Berichterstattung über „Gewissenhafte Studien der wichtigen Rede des Genossen Deng, in der er am 9. Juni die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung rechtfertigte. Nächste Woche wird der Text im Rahmen einer patriotischen Erziehung Pflichtlektüre in den Oberschulen.

Japan und die USA haben beschlossen, ihren Druck auf China zu koordinieren. Japan stellte bislang den größten Anteil ausländischer Hilfe

für China. Obwohl Tokio das Wort Sanktionen nach der Repression nie benutzt hatte, ist die Wirtschaftshilfe faktisch eingefroren.

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