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Chile - „mal gucken“

■ Ungläubige Skepsis bei Bremer Exil-Chilenen

Kein rauschendes Fest hat in der Nacht vom Mittwoch auf den Donnerstag die im bremischen Exil lebenden Chilenen vereint, keine große Rückkehr steht in diesen Wochen an - 15 Jahre Exil haben neue Tatsachen geschaffen. Carmen P. ist eine der 200 bis 300 ChilenInnen in Bremen, Mutter zweier Kinder. 15 Jahre ist die Diktatur Pinochets alt, 14 ist inzwischen ihr älterer Sohn. Auch er ist seit seiner frühesten Kindheit in Bremen aufgewachsen. „Wenn ich morgen sagen würde, wir packen, dann wären sie glücklich“, sagt sie. Aber ob er dauerhaft in dem fremden Land leben möchte - „mal gucken“ sagt der 14jährige.

Skeptisch sind auch die Erwachsenen, die ihr Land aus den Jahren der Demokratie und des Kampfes kennen. Die meisten glauben an eine langsame Demokratisierung, aber kann sich nicht inzwischen etwas ändern? Noch einmal ins Exil gezwungen werden, das Risiko will Carmen P. nicht eingehen. Nach zweieinhalb Jahren Gefängnis hatte sie die Wahl bekommen, den Rest ihrer 12jährigen Militärstrafe hinter Gittern oder außer Landes zu verbringen. Bis vor zwei Jahren stand sie auf der Liste derjenigen, die auch mit ihrem chilenischen Paß nicht in ihr Land durften.

Aus Unsicherheit sind es auch nur wenige, die in diesen Wochen neugierig in die aufgewühlte Heimat gefahren sind.

Die meisten haben sich aber doch auch ein wenig abgefunden mit dem Exil-Leben und eingerichtet: „Das mit der Abstimmung hat uns wirklich auch überrascht“, sagt Carmen P., „keiner hat damit gerechnet.“ Zwar steht es in der Verfassung von 1979, aber „keiner hat daran geglaubt“, daß Pinochet seine oktroyierteVerfassung ernst nimmt. „Ich kann mir nicht erklären, warum“, gesteht Carmen P.

Auch die chilenische Linke im Lande hatte anfangs den Boykott des Plebiszits ernsthaft diskutiert und die Ankündigung nicht ernst genommen. Die Mutter eines der bremischen Exilierten ist in ihrer Stadt Leiterin des „No„ -Komitees gewesen, sie hat bei einem Besuch berichtet, wie abseits der städtischen Metropolen erst einmal mühsam Geld gesammelt werden mußte, um Flugblätter und andere Instrumente der Kampagne zu bezahlen. Es habe gedauert, „bis das den einfachen Menschen klar war“, daß der gehaßte Diktator das Volk wirklich über sich abstimmen ließ. Diesen Verblüffungseffekt der linken Oppositionskräfte macht Carmen P. dafür verantwortlich, daß Pinochet doch mehr Stimmen erhielt, als er in Wirklichkeit Unterstützung in der Bevölkerung hat.

K.W.

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