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Archiv-Artikel

Chefanklägerin der ganzen Welt

Als Fatou Bensouda am 1. November 2004 in Den Haag als Stellvertreterin des Chefanklägers beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) vereidigt wurde, lobte die Schweizerin Carla del Ponte als Festrednerin ihre „außergewöhnlichen Fähigkeiten“. Jetzt ist der Aufstieg perfekt: Die Mitgliedstaaten des IStGH einigten sich auf Fatou Bensouda als Nachfolgerin des Chefanklägers Luis Moreno-Ocampo, dessen Amtszeit im Juni 2012 nach neun Jahren ausläuft.

Wer den IStGH kennt, kennt Bensouda. Ihr Name taucht öfter in Gerichtsakten auf als der ihres bisherigen Chefs, denn oft ist sie es, die auf Anhörungen die Anklage vertritt, zuletzt gegen den ruandischen Hutu-Milizenführer Callixte Mbarushimana. Mit Ruanda hat sie auch am meisten Erfahrung, denn bevor sie nach Den Haag kam, arbeitete sie vier Jahre lang am internationalen Ruanda-Tribunal im tansanischen Arusha unter Carla del Ponte. Dieses Jahr leitete Bensouda IStGH-Delegationen in Guinea und der Elfenbeinküste.

Bensouda setzte sich jetzt im Konsens durch – drei Gegenkandidaten aus Großbritannien, Kanada und Tansania zogen sich rechtzeitig zurück. Die 50-Jährige hat einen facettenreichen Hintergrund. Sie ist die erste Seerechtlerin Gambias. Sie ist mit einem Geschäftsmann marokkanischer Abstammung verheiratet, dessen Nachnamen sie trägt. Sie studierte in Nigeria, danach arbeitete sie in Gambia als Staatsanwältin. Nach dem Militärputsch des heutigen Präsidenten Yahya Jammeh 1994 leitete sie eine Untersuchungskommission über Korruption in Staatsunternehmen und wurde dann Generalstaatsanwältin. 2000 stieg sie aus dem Staatsdienst aus und arbeitete erst als Bankmanagerin, bevor das Ruanda-Tribunal sie rekrutierte.

Weniger charismatisch als der Uruguayer Moreno-Ocampo, aber mit den Realitäten in Afrika besser vertraut, erschien Bensouda jetzt als die Richtige, um die sich ausdehnenden Aktivitäten des IStGH in Afrika zu lenken. Die Demokratische Republik Kongo, Uganda, Sudan, die Zentralafrikanische Republik, Kenia, Libyen und die Elfenbeinküste sind Einsatzländer. Weitere könnten folgen. DOMINIC JOHNSON