Cebit 2011: Virtueller Arztbesuch

Die Cebit wächst wieder, wenn auch nur leicht. Und dass, obwohl in diesem Jahr weitgehend bekannte Trends aus der digitalen Welt nur neu vorgestellt wurden.

Auf der Suche nach Interessenten: Roboter "Aila" auf der Cebit. Bild: dpa

HANNOVER taz | Wer sich in der Technik-Trend-Halle 9 drängte, konnte sich bei der am Samstag zu Ende gegangenen Cebit in Hannover fast an die goldene Zeiten der Messe in den 90er Jahren erinnert fühlen. Und tatsächlich: Mit 339.000 Besuchern verzeichnete die Messe in Hannover nach Jahren des Besucherschwundes wieder ein leichtes Plus. Insgesamt waren knapp 4.200 Unternehmen aus über 70 Ländern vertreten, mit 20 Hallen waren zwei mehr als im vergangenen Jahr belegt: "Vor allem der Schwerpunkt Cloud Computing war ein Besuchermagnet", sagte Cebit-Pressesprecher Hartwig von Saß. "Auch Tablet-PCs und Apps wurden stark nachgefragt. 3D ist ebenfalls ein Trendthema".

Das neue Konzept der Cebit auf vier Plattformen - Cebit Pro, Cebit Gov, Cebit Lab und Cebit Life - zu setzen, ging auf: "Das hat sich bewährt. Wir werden die Aufteilung im nächsten Jahr so beibehalten", sagt von Saß. "Das Herzstück der Cebit ist und bleibt der Pro-Bereich. Aber auch Cebit Lab und Cebit Life haben viele Besucher angezogen." Beim Blick auf das Gedränge vor allem in der Technik-Trend-Halle 9 und in Halle 19, in der der private Elektroniknutzer im Blickpunkt stand, wehte ein Hau der erfoglreichen 90er Jahre durch die Messehallen.

Schwerpunktthema war in diesem Jahr Cloud Computing, die Verlagerung von Daten, Programmen und Anwendungen per Internet auf externe Großrechner. "Cloud Computing ist ein Thema, das vor allem für Unternehmen interessant ist", erklärt Saß. "Damit haben wir den genau richtigen Schwerpunkt gesetzt." Dabei ist die Cloud im privaten Bereich schon seit geraumer Zeit angekommen, zum Beispiel bei der Online-Verwaltung von E-Mails und Dateien.

Für Unternehmen ist Cloud Computing vor allem wegen der Möglichkeit interessant, je nach Bedarf auf externe Server zuzugreifen und dort verfügbaren Speicherplatz sowie Rechenleistung flexibel zu nutzen: "Wir sind dabei Dienstleister und stellen unsere Rechenzentren zur Verfügung", erklärt Microsoft-Pressesprecher Frank Mihm-Gebauer. Vor allem für kleine Unternehmen ein Vorteil, weil sie - angepasst an den aktuellen Bedarf - in der Cloud auf Ressourcen zugreifen könnten, die bei der physischen Anschaffung hohe Kosten verursachen würden.

Weitere Trendthemen der diesjährigen Cebit waren Tablet-PCs und 3D. So wurden in Hannover zahlreiche moderne "Schiefertafeln" vorgestellt. Das iPad 2 war nicht dabei, Apple ist zur medienwirksamen Vorstellung wie gewohnt in den USA geblieben. Dafür konnte das speziell für Tablets entwickelte Betriebssystem Android Honeycomb ausprobiert werden. Ebenfalls hoch frequentiert: Die Sitzplätze vor den unzähligen 3D-Bildschirmen. Hier war eine Weltneuheit zu bestaunen: LG zeigte das erste auch ohne Brille funktionierende 3D-Smartphone.

Die Zukunft wird smart

Auch einen Blick in die Zukunft konnten Besucher auf der diesjährigen Cebit werfen. Das intelligent vernetzte Haus, das Smart Home, bringt einen neuen Bedienkomfort. So sollen in Zukunft Elektrogeräte, Heizungen und das Licht zentral über ein Touchscreen-Panel gesteuert werden. Auch von unterwegs kann das intelligente Zuhause bedient werden, das tägliche Lüften, Heizen oder der Einsatz von Spül- und Waschmaschinen funktioniert automatisch. Weil im Jahr 2035 zwei Drittel der deutschen Bevölkerung über 65 Jahre alt sind, ergeben sich weitere Anforderungen an das Wohnen in der Zukunft.

Der Arztbesuch könnte dann virtuell über einen Bildschirm gehen, Sensoren in der Matratze liefern Informationen über das Schlafverhalten und den Gesundheitszustand des Patienten. Auch das Thema Energieeffizienz spielt eine wichtige Rolle. Neben den Energieanbietern kümmert sich auch die Deutsche Telekom um das intelligente Energiemanagement der Zukunft. Basis dafür sind intelligente Stromnetze, so genannte Smart Grids, über die die Energieversorger genau steuern können, wann Strom fließen, gespeichert oder besser gespart werden sollte.

Dem Verbraucher kommt dann eine neue Rolle zu, er wird zum Partner der Energieversorger: "Immer mehr Konsumenten produzieren schon jetzt selbst Strom, beispielsweise mit Solarzellen. Man spricht vom Prosumer", erklärt Telekom-Pressesprecher Albert Hold. Mit der in Privathaushalten produzierten Energie und der Möglichkeit, diese je nach Bedarf ins Stromnetz einzuspeisen, könnten Energieversorger Lastspitzen abfedern und sich den meist sehr teuren Weg an die Energiebörse sparen, lautet die Hoffnung.

"Aber das ist alles noch Zukunftsmusik", sagt Hold. Bis das Smart Home und intelligente Stromnetze Realität sind, wird es wohl noch mindestens ein Jahrzehnt dauern. Ein kurzer Blick in die Zukunft war auf der Cebit aber schon jetzt möglich.

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