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■ Cash & CrashNervöse Bullen in Shanghai

Berlin (taz) – Die Bullen sind los. Börsianer meinen damit, daß die Aktienmärkte boomen. Rindviecher sind bekanntlich Herdentiere. Daß sie sich auch auf dem Börsenparkett mit Vorliebe herdenweise bewegen, erwies sich erneut zu Wochenbeginn, diesmal in China. In Shanghai stürmten chinesische Anleger den Markt, den sie zuvor in Scharen verlassen hatten, und pushten die Aktienkurse in nur einem Tag um 36 Prozent in die Höhe. Bis letzte Woche waren sich noch alle Chinesen einig gewesen, volksrepublikanische Aktien zu meiden. Der Shanghaier A-Aktien-Index war so seit dem vergangenen Jahr um 80 Prozent gefallen.

Ausgelöst wurde der plötzliche Run durch die chinesische Börsenaufsicht. Sie verknappte das Aktienangebot, indem sie die Ausgabe neuer Aktien bis Jahresende untersagte. Richtiggehende Euphorie löste sie bei den Anlegern dann aus, als sie zusätzlich ankündigte, künftig auf dem A-Aktienmarkt auch Joint-venture-Unternehmen zwischen chinesischen und ausländischen Firmen zuzulassen.

Bislang nämlich gibt es gar nicht die chinesische Börse, sondern deren drei: Auf dem A-Markt in Shanghai dealen Inländer mit Aktien von chinesischen Unternehmen, die nach wie vor zu über 50 Prozent in Staatsbesitz sind. Der B-Markt ist den ausländischen Anlegern vorbehalten, die dort ihre Geschäfte statt in Yuan in US- und Hongkong-Dollar abwickeln. H-Aktien schließlich sind die Anteile von rotchinesischen Unternehmen, die an der Börse Hongkong gehandelt werden. Nun möchten viele chinesische Spekulanten gerne glauben, daß die Trennung zwischen A- und B-Markt bald aufgehoben wird.

Bei den ausländischen Anlegern brach der Herdentrieb jedoch nicht so recht durch. Auf dem B-Markt waren ganz wenige Bullen unterwegs, die den Index um nur 1,83 Prozent steigen ließen. Zwar betrachten manche ausländischen Investoren die chinesische Wirtschaft wohlwollend, seit die Pekinger Regierung die überhitzte Konjunktur unter Kontrolle bekommt. Seit Juni stieg der B-Aktien-Index um 10 Prozent. Die meisten Ausländer aber halten den Boden der Shanghaier Börse für zu schwankend und fühlen sich auf dem Hongkonger Parkett wohler. Sie sehen Kurssteigerungen von 36 Prozent an einem Tag keineswegs als Zeichen von bulliger Stärke, sondern nur von Flatterhaftigkeit. Nicola Liebert

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