■ Cash & Crash: Nach den MacDollars kommen die MacJobs
Berlin (taz) – Norbert Walter hat gestern in dieser Zeitung gesagt, er würde Dollars kaufen. Der Rat spricht für den Arbeitgeber des liberalen Volkswirts, die Deutsche Bank. Sie möchte möglichst weit in die Zukunft schauen. Leider ist dort vorne nichts mehr zu sehen, es sei denn ein „bodenloses Loch“, wie David Roche im Wall Street Journal schreibt. Roche betrachtet die Weltwirtschaft, zu der neben der Deutschen Bank auch Staaten wie Mexiko, Rußland, Schweden und (beispielsweise) Uganda gehören. Sie alle haben recht unterschiedliche Probleme, die aber stets auf schier unbezahlbare Schulden hinauslaufen. Roche findet deshalb, es sei ziemlich egal, ob Bill Clinton oder der Weltwährungsfonds die fehlenden Dollars zuschießt – sie müssen in jedem Fall irgendwo verdient worden sein. Aber auch Roche weißt nicht, wo.
In den USA nicht. Dort können Arbeitslose nur auf unterbezahlte MacJobs hoffen. Und auch Norbert Walter weiß ja, daß die Branchen der Kommunikations- und Biotechnik, die er in den USA für besonders weit entwickelt hält, heute noch mehr Geld kosten als einbringen. Für die Deutsche Bank mag es daher vernünftig sein, Dollars für das mögliche Geschäft von morgen bereitzulegen.
Nur ist die Deutsche Bank wirklich nur ein Peanut in der Welt. Mexikos Krise reißt ganz Lateinamerika mit, und man lernt in Washington, daß die Sache nicht mehr mit Checks zu regeln ist. Soweit sind sich alle einig, auch wenn die Armen in den USA wenig davon haben, daß das Geld, das ihnen fehlt, plötzlich keine Leitwährung mehr ist. Bill Clinton ist das selbstverständlich ebenso egal – er ist froh, wenn er einen einigermaßen ausgeglichenen Haushalt hinbekommt. Je härter die Mark, desto besser.
So könnten eigentlich, mit Ausnahme der japanischen und deutschen Exportwirtschaft, alle zufrieden sein: Norbert Walter mit seiner Spekulation, Bill Clinton mit seiner Entlastung der einheimischen Unternehmen und auch die spanischen Hoteliers, die auf Mark-Touristen hoffen dürfen. Leute jedoch, die mehr auf das Geld schauen müssen, das sie heute verdienen, sollten realistischer denken. Es gibt viele Banken, aber nur eine Welt. Die Dollarkrise holt japanische und deutsche Unternehmen in die Wirklichkeit zurück, nationale Sonderwege werden immer schneller von Devisenspekulanten bestraft. Auf diesem Umweg wandern die MacJobs aus USA und Polen auch in die Kernländer Europas ein. Das ist nicht schön, aber gerecht. Niklaus Hablützel
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