■ Cash & Crash: Neues Kapital braucht das Land
Berlin (taz) – Sie haben eine reizende kleine Firma, und beim Frühstück kommt Ihnen eine geniale Produktidee, sagen wir für ein neues Programm, um Computerdaten zu sichern? Das Geld reicht nicht für die Entwicklungsarbeit. Ihre Bank aber stellt sich stur, weil Sie keine Immobilien als Sicherheit bieten können. „Going public“, der Gang aufs Börsenparkett, könnte da die naheliegende Antwort sein.
Doch ach, bisher hat sich die Deutsche Börse nicht gerade um neue Anbieter gerissen. So überlegen sich diverse innovative Jungunternehmen, wie der Hersteller von Sicherheitssystemen für Computer Uti-maco Safeware, in den USA an die Börse zu gehen. Dort lockt vor allem die Computerbörse Nasdaq, an der auch Microsoft groß wurde.
Nun wacht die Deutsche Börse auf. Denn Konkurrenz droht nicht nur von der Nasdaq, sondern bald auch von einem neuen europäischen Aktienmarkt für Risikokapital namens Easdaq (European Association of Securities Dealers). Die Börse, an deren Aufbau sich Banken und einige Wagnis-Kapital-Gesellschaften beteiligen, soll schon ab Herbst in Brüssel die Aktien aufstrebender High- Tech-Unternehmen handeln.
Dagegen setzt die Deutsche Börse ihre neueste Produktidee: Unter dem Motto „Eigenkapital für Innovationen – junge Unternehmen an die Börse“ wirbt sie für ihren „Neuen Markt“. Die Zielgruppe sind Unternehmen mit „hohen Wachstumschancen“, etwa aus den Bereichen Telekommunikation, Biotech, Computer oder Multimedia.
Allerdings wird der Neue Markt nichts für völlige Newcomer sein. Gesucht werden vielmehr Firmen, die den ersten Anschub etwa mit Hilfe einer Wagnis-Kapital-Gesellschaft schon geschafft haben. Wenn die Firma dann verstärkt in den Vertrieb einsteigen oder ein besonderes, erfolgversprechendes Produkt weiterentwickeln will, wird es Zeit für den Neuen Markt.
Vorteil für das junge Aktienunternehmen: Durch den Eintritt in den Neuen Markt kann es die Aufmerksamkeit risikobereiter Investoren auf sich ziehen. Der Anleger kann seinerseits die Risiken besser analysieren, weil die gehandelten Firmen besonders strenge Transparenzstandards einhalten müssen. An risikobereiten Investoren mangelt es nach Einschätzung der Börsenmacher nicht: „Man braucht doch nur zu sehen, wieviel Geld in höchst dubiose Anlagen fließt.“ Wenn der Neue Mark im kommenden Jahr loslegt, will die Deutsche Börse Nasdaq und Easdaq die Zähne zeigen. In Frankfurt hofft man auf die Firma Uti-maco Safeware als eine der ersten Kundinnen. Nicola Liebert
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