: Campus-Skulptur in Mülltütenblau
■ Und eine feierliche Grundsteinlegung - mit drei Jahren Verzögerung Von Kaija Kutter
Etwas seltsam mutet sie schon an, die neue Bauskulptur auf dem Campus. Damit sie bis zur feierlichen Einweihung am 10. Mai, dem Uni-Geburtstagstag, nicht beschmiert wird, spendierte Sponsor Helmut Greve eine Plastikhülle in kräftigem Mülltütenblau dazu.
Recht verliebt schauten die Uni-Mitarbeiter gestern vom vierten Stock des Pädagogischen Instituts (PI) auf das fast fertige Werk des Architekten Hans Joachim Scheel. Darauf könne man auch Theater spielen, Konzerte geben oder sich „einfach hinstellen und andere mit Gesang belästigen“, scherzte Uni-Baureferent Peter Gerloff. Direkt daneben bekommt das PI ein Terrassencafe, Geburtagsvorfreude, der Campus wird schick.
Aber zu feiern gab es gestern etwas anderes: Nach drei Jahren Vorlauf ist es gelungen, den Grundstein für den Behelfsbau der Geisteswissenschaften neben dem Postamt Schlüterstraße zu legen. Aus dem ursprünglichen „Notpavillon“ ist immerhin ein dreistöckiges Gebäude mit 1700 Quadratmetern geworden. Fast drohte der erste Uni-Neubau seit Ende der 70er Jahre zur „unendlichen Geschichte“ zu werden. 1991 wollte Wissenschaftssenator Ingo von Münch damit den unter Raumnot leidenden Geisteswissenschaftlern ganz schnell helfen. Das Bauvorhaben wurde aus Finanzgründen zurückgestellt und erst im Herbst 1992 in einer Bürgerschaftsdrucksache wieder zugesagt. Feuerpolizeiliche Bedenken machten dann schließlich aus dem Holzbau einen Stahlbau, Zusatzkosten: eine halben Million Mark. Schließlich klagte eine Anwohnerin gegen das Projekt - erfolglos. Und als es Ende 93 endlich losgehen sollte, stellte sich der Baugrund zunächst als zu weich heraus.
Kuriosum am Rande: In den Fünf-Millionen-Bau ziehen just jene Institute ein, die über die Hochschulsonderprogramme I und II Ende der 80er Jahre insgesant 60 zeitlich befristete Stellen bekamen. Stellen, die zur Hälfte vom Bund finanziert wurden und deren Weiterfinanzierung in den nächsten Semestern kippelig wird. Neben fünf Seminarräumen finden unter anderen das Uni-Referat Arbeitssicherheit und Umweltschutz, die Koordinationsstelle für Frauenforschung und das Zentrum für Gebärdensprache Platz. Insgesamt werden sieben Institute ihre alte Bleibe verlassen.
Die Umzieherei hat damit noch kein Ende. Eine Reihe kleinerer Institute, so lautet ein Beschluß des Akademischen Senats, soll den Campus ganz verlassen und zu den Informatikern nach Stellingen ziehen. Mit dabei das Interdisziplinäre Zentrum für Hochschuldidaktik, das gerade durch die Diskussion über die „Qualität der Lehre“ an Bedeutung gewonnen hatte. Doch die elf Mitarbeiter, die sich mit Händen und Füßen und guten Argumenten gegen die Campus-Verbannung gewährt haben, haben noch nicht ganz resigniert. Das Gebäude in Stellingen muß noch für paar Millionen renoviert werden, und kleinste Bauvorhaben haben ja bekanntlich schon mal Startschwierigkeiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen