Call A Reporter: Die blauen Stunden
Zwei Männer, ein geflutetes Klavier und enttäuschte Erwartungen: der ganz normale Alltag in der Arminiusmarkthalle in Moabit.
Dieses Klavier könnte hervorragend mit dem Sänger Prince auf einer Bühne stehen, der ein Faible für farbenfrohes Design von Instrumenten hat. Es ist schlumpfblau und innen vollelektronisch ausgestattet, mit einer Tonanlage sowie allerhand Reglern und Mixern. Doch statt bei Prince-Konzerten findet sich das Piano in der Arminiusmarkthalle in Moabit. Und ist der Dreh- und Angelpunkt im Streit zweier Männer.
Auf der einen Seite steht Konstantin Athanasiadis, der Erbauer des Klaviers. Er war es, der sich bei der taz meldete. „Dieses Piano ist mein Lebenswerk“, sagt er. Der Musiker hat es im vergangenen März in der Markthalle aufgestellt. Vier Monate später wurde das Klavier von einer Wasserfontäne geflutet.
Auf der anderen Seite steht Yiannis Kaufmann, Manager der Markthalle. Ihm ist daran gelegen, die Halle als einen Ort zu etablieren, in dem es auch Platz für „Kunst, Kultur und Bürgerbeteiligung“ gibt, wie er sagt. Regelmäßig finden dort unter anderem Konzerte statt.
Da passte Athanasiadis mit seinem blauen Klavier durchaus ins Konzept. Nach einem Auftritt in der Markthalle habe er das Instrument an einem leeren Stand parken dürfen, sagt Kaufmann. „Wir wollten ihm damit einen Gefallen tun.“ Athanasiadis bekam einen Schlüssel für die Markthalle und konnte nachts ungestört an seinem Klavier komponieren.
Und er bekam noch etwas anderes: Ein mündliches Versprechen von Kaufmann. „Wenn dem Klavier etwas passiert, würde die Markthalle für den Schaden aufkommen“, sagt der Musiker. Ja, das hier hätte eine von gegenseitiger Wertschätzung getragene Kooperation sein können.
Doch dann kam das Wasser aus der Wand. Ein Händler öffnete im Keller versehentlich einen Hahn, der im Stand von Athanasiadis, genau hinter dem Klavier, eine Fontäne verursachte. „Ich musste mein Instrument komplett zerlegen und trocknen“, sagt der. Zwar seien alle Komponenten noch intakt, ihre Lebensdauer habe sich durch den Wasserunfall jedoch verkürzt.
„Die Wasserhähne im Keller waren nicht korrekt gekennzeichnet“, sagt Anthanasiadis, „das wäre Sache der Markthalle gewesen.“ Er erwartet deshalb von Kaufmann eine Geste der Entschädigung. Der Manager sieht das freilich anders. „Wir sind in dem Fall einfach nicht die Schadensverursacher und sind deshalb zum Zahlen nicht verpflichtet“, findet er.
Trotz ihres Disputs und diverser Anwaltsschreiben können sich die beiden Männer nicht von ihrer Idee lösen: Die Musik gehöre in die Markthalle, sagen beide. Und so steht das blaue Klavier immer noch dort und wartet einsam auf seinen nächsten Einsatz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“