: Cadillac könnte Rüsselsheim retten
Das Saab-Werk in Trollhättan bereitet sich auf die Produktion neuer Luxusmodelle vor. Das könnte den Wettkampf mit dem deutschen Opel-Stammwerk friedlich beenden. Die Sicherung des Standorts Bochum bleibt hingegen eine „harte Nuss“
AUS STOCKHOLMREINHARD WOLFF
In der Entwicklungsabteilung der Saab-Fabrik von General Motors im schwedischen Trollhättan wird derzeit intensiv an einem neuen Modell – einem Europa-Cadillac. Laut schwedischen Pressemeldungen vom Wochenende sind die Vorbereitungen für eine Aufnahme der Produktion im Jahre 2006 dort bereits in ein so konkretes Stadium getreten, dass schwedische Zulieferer von Komponenten kontaktiert worden sind. Und das könnte auch die Sicherung des Werkes in Rüsselsheim bedeuten.
Die Konzernmutter General Motors hatte angekündigt, dass die Produktion von Mittelklassefahrzeugen der Marken Saab und Opel in Europa an einem Standort zusammengezogen werden soll. Dadurch gerieten Rüsselsheim und Trollhättan in einem konzerninternen Wettbewerb. Deshalb sind die Entwicklungen in Trollhättan auch für Rüsselsheim bedeutend.
Eine Produktion des Cadillacs und dazu vermutlich auch des Saab 9-5 sowie eines der größeren Opel-Modelle für den europäischen Markt im Werk Trollhättan macht eine gleichzeitige Produktion des Opel Vectra/Saab 9-3 dort allein aus Kapazitätsgründen unmöglich – Vorteil für Rüsselsheim. Trollhättan dürfte auf absehbare Zeit damit ebenso wenig wie eine deutsche GM-Produktionsstätte geschlossen werden, sondern zukünftig für die Herstellung verschiedener der im oberen Preisniveau angesiedelten GM-Modelle stehen.
Was auch zur gegenwärtigen technischen Ausstattung der schwedischen Fabrik passen würde, die im Hinblick auf große Flexibilität und auf Modelle mit geringeren Stückzahlen konzipiert ist. Die Tatsache, dass GM beabsichtige, Cadillac als „Premiummarke“ in Europa neu zu lancieren, bekräftigte der für Pressekontakte des GM-Konzerns zuständige Tom Kowaleski bei einem Besuch der GM-Führung in Göteborg in der vergangenen Woche. In einem Gespräch mit der Tageszeitung Göteborgs Posten allerdings mit dem Vorbehalt, dass es solche Pläne zwar aktuell gebe, „aber man auch 2000 nicht ahnte, wie sich die Welt bis heute verändert hat“.
Für die sich nunmehr abzeichnenden GM-Pläne, keinen Standort zu schließen und das neue Mittelklassemodell in Deutschland zu bauen, spricht auch die Reaktion von Göran Persson nach einem erneuten Besuch bei der GM-Europazentrale in Zürich. Zum zweiten Mal binnen sieben Wochen – und diesmal ohne Vorankündigung – war der schwedische Ministerpräsident in der vergangenen Woche überraschend in die Schweiz gereist und hatte dort mit der GM-Führung und erstmals auch mit Konzernchef Rick Wagoner persönlich konferiert.
Nach seiner Rückkehr war er gegenüber der Presse deutlich zurückhaltender als Ende Oktober: Er habe keine Zusagen und keine neuen Informationen erhalten, aber nochmals auf die staatlichen Investitionen hingewiesen, die den Standort Trollhättan wettbewerbsfähiger machen sollten. Er sei guter Hoffnung, was den Weiterbestand Trollhättans angehe und sehe auch derzeit keine Veranlassung irgendwelche neuen Angebote zu machen.
Auch der zweite Vorsitzende der Industriegewerkschaft Metall, Berthold Huber, erklärte am Wochenende, dass er für das Stammwerk in Rüsselsheim „gute Chancen“ sehe, den Wettbewerb mit der GM-Tochter Saab in Schweden um die künftige Mittelklasseproduktion für sich zu entscheiden. „Da kann man verhalten optimistisch sein.“
Noch nicht klar scheint die Zukunft des Werkes in Bochum zu sein. Huber betonte, die Betriebsräte und die IG Metall würden auf jeden Fall „auf das erbittertste“ um den Standort Bochum kämpfen. Auch der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz sagte in einem Gespräch mit dem Spiegel, dass in den Verhandlungen mit dem Management, die im Januar weitergehen, ein Sicherung des Standortes Bochum bis 2010 erreicht werden soll. Dies werde aber eine „harte Nuss“.
Gleichzeitig zeigte sich Franz bei den übertariflichen Zulagen zu Zugeständnissen bereit. Auch eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten sei denkbar.
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