CSU gegen Solarparks: Solarkraft vom Acker verbannt
Solarparks auf der Wiese sollen nach dem Willen der Koalition künftig gar nicht mehr gefördert werden. Kommunalpolitiker und Naturschützer lehnen diesen Plan ab, und auch die FDP ist unzufrieden.
BERLIN taz | Rudolf Schmitt ist stinksauer. Der 56-Jährige ist Bürgermeister von Ferschweiler, einer 1.000-Einwohner-Gemeinde in Rheinland-Pfalz, direkt an der Grenze zu Luxemburg. Auf 33 Hektar Gemeindeland hat der SPD-Mann einen großen Solarpark geplant, die Verträge mit dem Projektentwickler juwi AG schon vor Monaten unterzeichnet. 140.000 Photovoltaik-Module will die Firma aufstellen mit einer Gesamtleistung von zehn Megawatt – in die Gemeindekasse sollen dafür, über die nächsten Jahre verteilt, gut zwei Millionen Euro fließen. "Die Finanznot ist groß, überall fallen Steuern weg", sagt Schmitt. "Durch den Solarpark wäre unser Haushalt für die nächsten 20 Jahre gerettet." Und ganz nebenbei würde ja auch noch etwas fürs Klima getan.
Doch die schwarz-gelben Kürzungspläne bei der Solarförderung bedrohen das Projekt. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte ursprünglich eine Kürzung von 25 Prozent vorgeschlagen; schon damit wäre die Rieseninvestition schlagartig unrentabel geworden. Nun will die Koalition Solaranlagen auf Freiflächen künftig überhaupt nicht mehr fördern. "Investitionssicherheit und Vertrauensschutz sehen anders aus", sagt der Bürgermeister.
Den Stopp dieser Solarparks wollte vor allem die CSU. In Bayern sind in den vergangenen Jahren etliche Freiflächenanlagen entstanden. Konservative Politiker schimpfen über eine Verschandelung der Landschaft durch die schwarz-glitzernden Photovoltaikpaneele. Der Bauernverband beklagt, Solarparks würden wertvolles Ackerland verbrauchen und die Pachtpreise in die Höhe treiben. "Solaranlagen sollen runter vom Acker und rauf aufs Dach", sagt Christian Ruck von der CSU.
Der liberale Koalitionspartner wollte dem eigentlich nicht zustimmen. Strom aus Solarparks ist schon heute um ein Viertel billiger als jener aus Dachanlagen, FDP-Verhandlungsführer Michael Kauch lobt sie deshalb als "die Billigmacher der Technologie" - und hatte angekündigt, zu verhindern, dass "ausgerechnet die wettbewerbsfähigsten Solaranlagen plattgemacht werden".
Die Solarszene ist sich nicht einig. Einigen deutschen Herstellern wäre, so ist zu hören, das Ausbremsen der Großanlagen durchaus recht - denn Profi-Investoren griffen ohnehin viel häufiger zu Modulen ausländischer Hersteller als die Häuslebauer mit ihren kleinen Dachanlagen. Andere fürchten, dass beim Aus für Solarparks die Billigimporte stärker als bisher auf Privatdächer drängen.
Einig ist man sich nur darin, dass an den Klagen von Union und Bauernverband nichts dran ist. Freiflächenanlagen nähmen derzeit gerade mal einige tausend Hektar ein - bei 17 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche insgesamt. Von einer Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion könne deshalb keine Rede sein. Ein Wildwuchs sei nicht zu befürchten, weil Solarparks in der Nähe von Hochspannungsleitungen liegen müssten, was die Zahl der potenziellen Standorte massiv einschränke.
Die wirklichen Flächenverschwender, rechnen Solarverfechter vor, seien Energiepflanzen, etwa für Agrosprit, die schon auf zehn Prozent der deutschen Äcker wachsen. Die Energieausbeute pro Hektar betrage dabei nur ein Sechstel dessen, was Solarpaneele auf derselben Fläche erbringen würden, rechnete die Fachzeitschrift Photon kürzlich vor. "Rein quantitativ", so ihr Fazit, "könnte die Photovoltaik auf der heute schon für Biomasse genutzten Fläche den ganzen deutschen Energiebedarf bestreiten."
Experten bemängeln zudem, dass ein faktisches Aus für Freiflächenanlagen etliche kommunale Energiekonzepte durcheinanderbringen würden. Vielerorts nämlich wollen Gemeinden oder Landkreise in den nächsten Jahren zu hundert Prozent auf Erneuerbare Energien umsteigen - Solarparks sind dabei fast immer Teil des Konzepts.
Auch Naturschützer können Freiflächenanlagen durchaus positive Seiten abgewinnen. "Wenn man es richtig macht, können sie Vorteile haben", sagt etwa Carsten Wachholz vom Naturschutzbund. Unter den Modulen entstünden trockene Rasen, die durchaus als Rückzugsflächen für diverse Tierarten dienen können. Im Vergleich dazu, wie konventionelle Landwirte ihre Felder mit Traktoren, Pestiziden und Kunstdünger malträtieren, wirken Solarparks fast wie eine Wohltat.
Auch in Ferschweiler, dem rheinland-pfälzischen Flecken von Bürgermeister Rudolf Schmitt, hätte die Stromerzeugung auf dem Acker noch einen ökologischen Nebeneffekt: Der geplante Standort liegt in einem Wasserschutzgebiet - da sei es doch allemal besser, Solarpaneele aufzustellen, als weiterhin Landwirtschaft zu betreiben, so Schmitt.
Uwe Brandl, der Präsident des Bayerischen Gemeindetages, nennt die Kürzungspläne eine "gewisse Panikentscheidung der CSU" - dabei ist er selbst ein Christsozialer. Viel besser als ein Kahlschlag der Einspeisevergütung wäre es, den Bau von Solarparks auf kommunaler Ebene zu steuern, so Brandl. Jede Freiflächenanlage benötige ohnehin einen Bebauungsplan, und in den Genehmigungsverfahren sei die Landschaftsverträglichkeit ein Kriterium. „Mehr Qualität in der Planung“, fordert Brandl. Aber da müsste dann ein Landrat oder Bürgermeister auch mal Nein sagen zu einem lukrativen Projekt - die CSU traut ihnen das offenbar nicht zu.
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