CSU-Politiker fordert Gleichstellung: „Im Familiensplitting liegt die Zukunft“
Der Münchner Oberbürgermeister-Kandidat Josef Schmid (CSU) will Homo-Ehen nicht länger steuerlich diskriminieren. Stattdessen fordert er Vorteile für alle, die Kinder haben.
taz: Herr Schmid, homosexuelle Paare klagen vor dem Verfassungsgericht, weil das Ehegattensplitting nur für Hetero-Ehen gilt. Welche Entscheidung hielten Sie für richtig?
Josef Schmid: Ich kann verstehen, dass homosexuelle Paare, die keine Kinder haben, sich fragen, wieso heterosexuelle Paare, die auch kinderlos sind, einen Steuervorteil bekommen sollen. Mein Ansatz geht aber noch einen Schritt weiter: Statt die Ehe zu fördern, sollten wir da fördern, wo Kinder sind. Wir brauchen ein Familiensplitting.
Wie soll das konkret aussehen?
Gefördert werden neben herkömmlichen Ehen mit Kindern auch Alleinerziehende, Patchwork-Familien und homosexuelle Ehepaare mit Kindern.
Sie wollen die Ehe zwischen Mann und Frau also nicht weiter über gleichgeschlechtliche Gemeinschaften stellen?
42, ist seit 2007 Chef der CSU-Stadtratsfraktion im Münchner Rathaus. 2014 will er Oberbürgermeister der bayerischen Landeshauptstadt werden.
Zumindest nicht, was die steuerliche Förderung betrifft. Ich halte die Ehe für eine wunderbare Form des Zusammenlebens. Ich bin glücklich und katholisch verheiratet, und das ist auch gut so. Aber das Ehegattensplitting stammt aus einer Zeit, in der das vorherrschende Modell die Einverdiener-Hausfrauen-Ehe war. Früher hatten Frauen eine schlechte oder gar keine Ausbildung und sicherten ihre Versorgung durch Heirat. So ist es doch längst nicht mehr. Heute haben Frauen die besten Ausbildungen, oft besser als die Männer.
Wenn Sie alle Formen von Familie fördern wollen, sollten dann homosexuelle Paare nicht auch ein uneingeschränktes Adoptionsrecht erhalten?
Ich denke in erster Linie an homosexuelle Partnerschaften, in die Kinder aus vorherigen Beziehungen mitgebracht werden, oder an lesbische Paare, die mit einem Außenstehenden Kinder bekommen. Über alles Weitere mache ich mir im Moment keine Gedanken.
Bisher stieß die Gleichstellung homosexueller Paare in der CSU auf wenig Gegenliebe. Sind Sie in der falschen Partei?
Überhaupt nicht. Ministerpräsident Seehofer hat gesagt: Wir halten vorläufig am Ehegattensplitting fest, und wenn das Verfassungsgericht anders entscheidet – wovon ich ausgehe – dann könne man dem auch anders nachkommen, zum Beispiel durch die stärkere Förderung von Alleinerziehenden. Er denkt also an etwas Ähnliches wie ich. Andere, vor allem jüngere CSU-Abgeordnete, haben sich ebenfalls für ein Familiensplitting ausgesprochen. Darin liegt die Zukunft. Es ist überholt, zu sagen, die herkömmliche Ehe sei der Ort, an dem neues Leben entsteht. Wir dürfen nicht mehr die potenzielle Möglichkeit fördern, sondern die Realität.
Gibt die CSU also allmählich alle Markenkerne auf, für die sie einmal stand? Erst die Atomkraft und die Wehrpflicht, nun das konservative Familienbild?
Franz Josef Strauß hat einmal gesagt, wenn auch in anderem Kontext: Konservativ sein heißt, an der Spitze des Fortschritts zu marschieren. Mir geht es darum, dass wir auch künftig nah an dem sind, was das Leben der Menschen ausmacht. Da muss man offen und vielfältig sein.
2013 steht in Bayern die Landtagswahl an. Und 2014 wird auch das Amt des Münchner Oberbürgermeisters neu vergeben. Christian Ude, der nicht mehr antritt, war in der homosexuellen Wählerschaft immer sehr beliebt. Wollen Sie nun diese Stimmen für sich gewinnen?
Ich möchte gerne in die Fußstapfen von Christian Ude als Oberbürgermeister Münchens treten. Das ist völlig unbestritten. Mir geht es darum, dass ich meinen Überzeugungen gerecht werde. Das bedeutet, in einer Großstadt eine offene und liberale Politik zu machen, die ganz und gar nicht im Widerspruch zu konservativen Werten steht.
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