piwik no script img

Archiv-Artikel

CDU kümmert sich

Der CDU-Politiker Marcus Weinberg stellt sich hinter das schwarz-grüne Projekt der Primarschulen. Entgegen den Wünschen der eigenen Klientel soll es keine Ausnahme für einzelne Gymnasien geben

VON KAIJA KUTTER

„Frau Senatorin Goetsch kann sehr zufrieden sein mit uns“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg, nachdem er gestern früh das Positionspapier der Hamburger CDU zur Schulreform vorgestellt hatte. „Konstruktiv-kritisch“ bringe die Partei sich ein und zeige eine „klare Linie“. Das Papier, von dem Varianten bereits seit Dezember in der Stadt kursieren, war am Abend zuvor einstimmig vom Landesvorstand verabschiedet worden. Es soll am 26. Januar auf einem Kleinen Parteitag von der Basis abgesegnet werden.

Unterm Strich steht die Hamburger CDU zum schwarz-grünen Projekt der sechsjährigen Primarschule. Das Papier, das auch parteiinterne Kritiker wie Robert Heinemann und Ingeborg Knipper unterzeichneten, ist der Versuch, die in der Stadt diskutierten Bedenken zu bündeln und zu zeigen: wir kümmern uns.

Eine vieldiskutierte Sorge ist zum Beispiel, dass Gymnasien, die schon ab Klasse 5 Latein oder Englisch als Fremdsprache anbieten, dies künftig nicht in gleicher Intensität können, weil sie die Primarschüler erst ab Klasse 7 übernehmen. Eine Ausnahme für die drei humanistischen Gymnasien Christianeum, Johanneum und Wilhelm-Gymnasium, wie kürzlich die Welt berichtete, ist trotzdem nicht geplant. „Das hat sich in Berlin nicht bewährt“, erklärte Weinberg.

Stattdessen betont das Papier die Wichtigkeit von Profilen wie dem humanistischen. Die CDU sei sich bewusst, dass die über Jahre entwickelten Schwerpunkte der weiterführenden Schulen „nicht nur ein Großteil von deren Identität und Schulleben ausmachen, sondern auch ein besonderer Reichtum des Hamburger Bildungswesens und damit ein Wettbewerbsvorteil sind“, heißt es dort. Deshalb sollen sich diese Schwerpunkte so in den Angeboten der Primarschule wieder finden, „dass es keine Beeinträchtigung für die Profile der weiterführenden Schulen gibt“. Auch sollen Eltern für ihre Kinder „weiterhin ein reales Wahlrecht zwischen verschiedenen Profilen haben“. Und es soll schon in Klasse 4 Beratungsgespräche für die richtige Profilwahl geben.

Zugleich soll aber, und hier liegt ein Widerspruch, die Wahl eines Profils wie Latein ab Klasse 5 nicht die weitere Schullaufbahn bestimmen. Weinberg: „Es muss jedem Kind möglich sein, nach Klasse 6 an jede Schule zu wechseln“. Weinberg selbst sprach von einem „Knackpunkt“, den zu lösen eine Herausforderung sei. Zum Beispiel könne ja das Christianeum auch in einer 7. Klasse Latein für Neueinsteiger anbieten. Man müsse sehen, ob es in der Praxis wirklich ein großes Problem sei, oder es am Ende gar nicht so viele spezielle Profile gebe.

Wie bereits berichtet, enthält das Papier auch eine Kröte für die GAL. Die CDU will sich dafür einsetzen, dass es in den drei Kernfächern Deutsch, Mathe und Englisch ab Klasse 5 „unter Umständen“ eine äußere Differenzierung, sprich Aufteilung in Kurse für leistungsstärkere und leistungsschwächere Schüler gibt. „Wichtig ist, dass auf eine äußere Leistungsdifferenzierung nur dort verzichtet wird, wo eine nachweislich mindestens im gleichen Umfang erfolgte Binnendifferenzierung sichergestellt ist“, heißt es in dem Papier. Gemeint ist das getrennte Lernen innerhalb eines Kurses. Diese „innere Differenzierung“ sei, „wenn nur eine Lehrkraft pro Klasse zur Verfügung steht, oftmals kaum möglich“.

Weinberg will diese Frage den Schulen überlassen und ihnen Mittel für eine zweite Lehrkraft zur Verfügung stellen. Eine solche äußere Differenzierung würde aber zu homogenen Lerngruppen führen und die Vorteile des längeren, gemeinsamen Lernens, die Weinberg an anderer Stelle beschwor, wieder zunichte machen. Auch wenn Weinberg sagte, er mache keine Klientelpolitik, richtet sich das Papier eben doch an besorgte Eltern potenzieller Gymnasiasten. So heißt es an andere Stelle, manche Kinder bräuchten auch in Klasse 5 schon „neue Herausforderungen durch vergleichsweise lernstarke Mitschüler“. Und man bräuchte kein Gymnasium, das auf Leistung verzichtet, weshalb auf diese Schulform nur komme, „wer die leistungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt“.

Was dies beinhaltet, sagte der Lehrer Weinberg nicht. Er erinnerte aber daran, dass man auch ohne Gymnasialberechtigung Abitur machen könne, sogar mit einem Jahr mehr Zeit. Weinberg: „Ich würde meine Kinder an die Stadtteilschule schicken“.