CDU in Bremen: Wird Wiebke Winter wieder wer?
Wiebke Winter gilt als Nachwuchshoffnung der Bremer CDU. Jetzt soll die 29-Jährige die neue Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft werden.

Im Sommer soll die 29-Jährige neue Fraktionsvorsitzende der CDU in der Bremer Bürgerschaft werden. Der bisherige Vorsitzende Frank Imhoff hat vergangene Woche erklärt, bei der Wahl inmitten der Legislatur nicht mehr anzutreten – und seine 29-Jährige Stellvertreterin als Nachfolgerin vorgeschlagen.
Weithin sichtbar wurde Winter 2021. Da war sie 24 Jahre alt, hatte gerade auf Bundesebene die „Klima-Union“ mitgegründet, eine Plattform zur Vernetzung. Als Armin Laschet im Bundestagswahlkampf die SPD an sich vorbeiziehen sah, da schweifte sein verirrtes Auge zu Wiebke Winter: Eine CDU-Politikerin und Klimaaktivistin, dazu jung, klug, irgendwie frisch – alles also, wofür Laschet selbst nicht stand.
Auch mit der eilig berufenen Winter im Wahlkampfteam hat es für Laschet bekanntlich nicht gereicht. Und Winter selbst konnte wenig überraschend kein eigenes Mandat erringen, im traditionellen SPD-Wahlkreis Bremen II.
Progressive Selbstdarstellung
Winter war seitdem trotzdem im Bund und in Bremen politisch fest verankert: Seit vier Jahren sitzt sie im CDU-Bundesvorstand. Bei den Koalitionsgesprächen mit der SPD durfte sie gerade mitverhandeln. Und seit 2023 sitzt sie auch in der Bremer Bürgerschaft, als Fraktionsvize.
Lange hat Winter öffentlich ein progressives Bild von sich gemalt, auch abseits des Klimathemas: In Interviews erzählt sie, dass sie sich intensiv für die Ehe für alle und für ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare eingesetzt hat. Sie hat sich für kostenlose Verhütungsmittel und eine gute Versorgung mit Abtreibungsärzt*innen eingesetzt, gegen das diese betreffende „Werbeverbot“ nach Paragraf 219a Stellung bezogen – allerdings auch dafür, Paragraf 218 im Strafgesetzbuch zu belassen.
Doch in der Bremer Bürgerschaft wurde es ein bisschen stiller um die stellvertretende Fraktionsvorsitzende: Anders als im Wahlkampf konnte sie sich in den Mühen der Ebene nicht besonders profilieren. Das liegt sicher auch an ihren besetzten Themen: Winter ist Sprecherin ihrer Fraktion für Europa und Justiz. Das passt schon, sie ist seit 2023 promovierte Juristin („Big Data und KI im Gesundheitswesen“), aber zum Glänzen ist keines von beiden so recht geeignet.
Migrationsbashing kein Alleinstellungsmerkmal
Als Vorsitzende der Innendeputation in der Bürgerschaft spielt sie die innere Sicherheit als klassisches CDU-Thema: mehr Abschiebungen, mehr Härte gegen „Clans“. Tendenziell geeignet, um Punkte bei der CDU-Wählerschaft zu sammeln – aber: Man hat das schon mal gehört. Vielleicht sogar markiger und überzeugter.
Ein Alleinstellungsmerkmal hat Winter mit dem immer gleichen Migrationsbashing nicht. Und was ist mit dem Klima? Stellvertretende Vorsitzende in der von ihr gegründeten Klima-Union ist sie weiterhin. Aber ausgerechnet in der Bremer CDU ist die Nische schon kompetent mit dem Bürgerschaftsabgeordneten Martin Michalik besetzt – ebenfalls stellvertretender Fraktionschef.
Dass der erst 56-jährige Imhoff ankündigt, „einen Schritt zur Seite“ zu treten, „damit die nächste Generation nach vorne kann“, gibt ihr die Chance, ihr Profil wieder zu schärfen, auch für die Bürgerschaftswahl 2027. Denn so richtig viele attraktive Posten hat die Bremer CDU nicht zu bieten – und um die kämpfen auch andere; auch solche, die nun wirklich nicht als progressiv gelten können.
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