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CDU für Verbot von Gentests an EmbryonenDie "Heiligkeit des Lebens" schützen

Die CDU hat sich für ein Verbot von Gentests an Embryonen ausgesprochen. Zuvor hatten Gegner und Befürworter emotional über das Thema debattiert.

Eine Laborantin sucht in der Petrischale nach einer Eizelle für die künstliche Befruchtung. Bild: dpa

KARLSRUHE dpa/rtr | Die CDU hat sich für ein Verbot von Gentests an Embryonen ausgesprochen. Das Ergebnis sei aber knapp ausgefallen, hieß es am Dienstag aus Parteikreisen. Zuvor hatte der Parteitag stundenlang intensiv über das Für und Wider der sogenannten Präimplantationsdiagnostik (PID) diskutiert.

Generalsekretär Hermann Gröhe zählte zu den Befürwortern eines Verbots. Er warb vor den rund 1000 Delegierten für ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID), die aus seiner Sicht mit der "Heiligkeit des Lebens" unvereinbar ist. Es gehe um die gleiche Würde jedes Menschen. Gröhe sagte, noch so enge Ausnahmeregelungen könnten das Problem nicht lösen. "Wir werden mehr und mehr hineingezogen in Entscheidungen, in denen am Ende doch entschieden wird, welches Leben zugelassen und welches Leben verworfen wird."

Familienministerin Kristina Schröder sprach sich jedoch für Gentests an Embryonen unter engen Voraussetzungen aus, um Leid zu verhindern. "Es ist das kleinere Übel, wenn wir die PID zulassen." Sie warnte, es werde sonst in Deutschland zu mehr Fehlgeburten, Totgeburten und Abtreibungen kommen.

Bei der PID werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen auf Erbkrankheiten untersucht, bevor sie in den Mutterleib eingepflanzt werden. Sie können aussortiert werden, wenn eine Fehlgeburt oder die Geburt eines behinderten Kindes droht.

CDU-Chefin Angela Merkel hatte am Montag ein Verbot gefordert. Sie zweifelt, dass die Grenzen richtig definiert werden können. Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner sagte: "Wenn Leben ein Geschenk Gottes ist, dann ist dieses Geschenk nicht unter Bedingungen gegeben. Dann dürfen wir dieses Geschenk nicht neu packen." Sie ergänzte: "Entweder ist Wert und Würde von Anfang an da oder eben nicht."

Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, appellierte an die Delegierten: "Lassen Sie nicht zu, dass die Ausnahme die Regel aushebeln wird." Die Parlamentarische Umweltstaatssekretärin Ursula Heinen-Esser wollte Bedenken zerstreuen. "Wir dürfen Kinder untersuchen und abtreiben, aber nicht die Zelle. Es geht um eine Chance zum Leben und nicht um blaue Augen und zu dick oder zu dünn."

Auch Umweltstaatssekretärin Katherina Reiche warb dafür, mit der PID den Paaren mit hohem Risiko für die Geburt eines genetisch geschädigten Kindes in schweren Konflikten zu helfen. Bei einem Verbot würden Frauen gezwungen, vorhersehbare Totgeburten zu erleiden. "Ich weiß nicht, ob das christlich ist." Ex-Pfarrer Peter Hintze sagte, es gehe darum, "alles daran zu setzen, Leid und Tränen zu verhindern". Die Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin schätzt, dass in Deutschland etwa 150 bis 200 Paare von der PID betroffen wären, die erblich vorbelastet sind.

Die Debatte hat für die CDU große Bedeutung, da sich die Partei in besonderer Weise auf ihre christlichen Grundlagen beruft. Im Grundsatzprogramm ist ein Verbot der PID verankert. Auslöser der Debatte ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Sommer, wonach die Überprüfung von Embryonen auf Gendefekte zulässig ist.

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12 Kommentare

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  • M
    Marco

    Mal im Ernst. Wo ist denn bei diesem Entschluß der Sinn?

    Dann wird eben nicht prä-, sondern postimplantär geschaut, was der Embryo macht und bis zur 12 Woche abgetrieben. Aber, ist das wirklich besser? Konsequent ist das nicht. Der Embryo entwickelt sich ja in den 12 Wochen enorm. Der schon erkennbare kleine Mensch kann also rechtlich problemfrei abgetrieben werden, aber, eine befruchtete Eizelle zu untersuchen, das geht nicht?

    Das ist so paradox, dass es mal wieder typisch für unsere Politik ist.

  • S
    snf

    Die Gegner der PID sollten mal mit den wenigen Betroffenen direkt sprechen (lt. Artikel nur rd. 150 Paare). Soviel sind es ja nicht; da kann man eigentlich mit jedem einzigen sprechen um sich ein Bild zu machen. Ich gehe jede Wette ein, daß da kein einziger dabei ist, der ein "Designerbaby" haben will. Das ist ganz sicher allen diesen Menschen (Verzeihung) SCHEIß EGAL.

     

    Es geht um die Vermeidung schwerer Erbkrankheiten bzw. traumatisch Totgeburten. Wer das zulassen will und sich auch noch "christlich" schimpft... verstehe das wer will...

     

    Einzig poitives an der Diskussion bleibt die offensichtlich ernste und offene Diskussion auf dem CDU-Parteitag. Man muss sich bei diesem HAufen ja schon mit kleinen Dingen zufrieden geben.

  • D
    Dennis

    Sehr merkwürdig! Bei der Atomdebatte waren sich alle einig, aber bei der Gendebatte sind sie gespalten. Von wegen: Die "Heiligkeit des Lebens" schützen. Beim Thema Atom war es der CDU scheißegal, was aus einem Embrio passiert, das der Atomstrahlung ausgesetzt wird. Kann das sein, dass da keine großen Konzerne dahinter sind und es deshalb nicht notwendig ist, geschlossen dahinter zu stehen? Ein absurdes und trauriges Schauspiel. Schade, dass es beim Atom keine kritischen Stimmen gab und dass Herr Wulff den Atomdeal unterschreibt, ist ja auch schon klar. Er wurde schließlich von den CDU-Bonzen gewählt und darf sie jetzt nicht enttäuschen. Dass er sich mit der Unterschrift so lange Zeit lässt, ist nur ein Täuschungsmanöver. Er hat sich doch schon längst entschieden. Wie man so eine Partei noch wählen kann, bleibt mir ein Rätsel.

  • D
    Dennis

    Sehr merkwürdig! Bei der Atomdebatte waren sich alle einig, aber bei der Gendebatte sind sie gespalten. Von wegen: Die "Heiligkeit des Lebens" schützen. Beim Thema Atom war es der CDU scheißegal, was aus einem Embrio passiert, das der Atomstrahlung ausgesetzt wird. Kann das sein, dass da keine großen Konzerne dahinter sind und es deshalb nicht notwendig ist, geschlossen dahinter zu stehen? Ein absurdes und trauriges Schauspiel. Schade, dass es beim Atom keine kritischen Stimmen gab und dass Herr Wulff den Atomdeal unterschreibt, ist ja auch schon klar. Er wurde schließlich von den CDU-Bonzen gewählt und darf sie jetzt nicht enttäuschen. Dass er sich mit der Unterschrift so lange Zeit lässt, ist nur ein Täuschungsmanöver. Er hat sich doch schon längst entschieden. Wie man so eine Partei noch wählen kann, bleibt mir ein Rätsel.

  • JR
    Jan Reyberg

    Der Designerbabykommentar ist Quatsch. Es geht um schwere Erbkrankheiten. Designebabys will vermutlich nichtmal die FDP, die CDU-Befürworter der PID schon gar nicht.

     

    Was man sagen kann, ist, dass es nicht sinnvoll die Abtreibung für ein hohes Erkrankungsrisiko zu erlauben, die PID aber nicht. Wenn schon, denn schon. Entweder man erkennt ungeborenen kein eigenes Lebensrecht zu (oder gewichtet die Freiheit der Eltern höher), so dass jeder seine Kinder beliebig aussortieren darf bevor sie auf die Welt kommen oder nicht. Dann sollt es aber auch dann verboten sein, wenn dass Kind schon im Mutterleib ist. Alles andere ist inkonsistent.

     

    Die moralischen Überlegungen, dass man eventuell der Tötung eines Menschen schuldig macht, wenn man abtreibt, sollten m.E. in einem so reichen Land wie dem unseren dazu führen, dass die Versorgung und Betreuung der Kinder nicht diejenigen Familien ruiniert, die Mitglieder haben, die nicht mit der Zeit pflegeleicht und selbstständig werden. das hat aber mit der Frage selbst erst in einem zweiten Schritt zu tun.

     

    Wenn man das Risiko nicht eingehen mag sich am Tod eines Menshcen zu versündigen, (für den hypothetischen Fall das ein ungeborener Mensch ein Mensch ist und Töten von Menschen eine Sünde ist) kann man daraus baer auch in einem zweiten und dritten Schritt noch keine bestimmte Renten- oder Arbeitsgesetzgebung ableiten. Es ist auch völlig absurd die Themen zu verbinden.

  • H
    Hildegard

    Heilig im Sinne von heil und gesund ist Leben dann, wenn es von Anfang an und auch schon genetisch gesund ist. PID ist ein Werkzeug, um Menschen als möglichst Gesunde zu erschaffen. Wer PID ablehnt, bewirkt mit Vorsatz (!), dass viele kranke Menschen entstehen. So waren die Christen ja schon immer, etwa auch mit der Kombination aus Zölibat und Kindesmissbrauch, dass sie mit perversen Ideologien seelisch Kranke produzieren, um dann mit verlogener Seelsorge und Krankenfürsorge ihre steuerfinanzierte Existenz zu rechtfertigen.

  • K
    Karl

    Finde ich richtig, wir brauchen keine Designbabies!

  • UM
    Ulli Müller

    Ihr sprecht mir aus dem Herzen,

    Die "C""D"U kennt christliche Werte nur für das "ungeborene Leben"!

    Und danach kennt sie nur das Reich Gottes im Himmel, bloß nicht hier auf Erden!

  • S
    Somairot

    Es ist eine Schweinerei, ein Verhalten unter Strafe zu stellen, dessen Strafwürdigkeit so unsicher ist, dass man den Fraktionszwang für diese Entscheidung aufhebt. Versteht sich eigentlich von selbst.

  • C
    Celsus

    Die Heiligkeit des Lebens existiert bei der CDU dann anscheinend nur bei den Ungeborenen. Wehe die Menschen sind erst einmal auf der Welt. Da werden sie dann als Kranke, Arbeitslose, Pflegebedürftige, Menschen mit Migrationshintergrund, Juden, Moslems ... dann mit dem Ernst des Lebens und dem christlichen LeiDbild konfrontiert.

  • PA
    Peter A. Weber

    Abgesehen einmal vom Schutz des ungeborenen Lebens, hat doch zunächst einmal der Schutz des bereits geborenen Lebens oberste Priorität. Zum Begriffsumfang "Heiligkeit des Lebens" gehören neben der Schmalspurfassung der CDU noch ganz andere Bereiche wie:

     

    - Ächtung von Kriegen jeder Art

    - Flüchtlings- u. Asylantenschutz

    - Unterstützung einer fairen globalen Handelspolitik zur Verhinderung von Tod, Hunger und Elend

     

    - menschenwürdige Integrationspoliti

    - soziale Finanz-, Wirtschafts- und Lohnpolitik

    - gerechte Renten- und Gesundheitspolitik

    - Einführung eines angemessenen Mindestlohns

    - humane, gerechte und soziale Behandlung von Arbeitslosen und vieles andere.

     

    Wo bleibt hier der medienwirksame Einsatz und vor allem die entsprechende politische Umsetzung?

     

    Nicht zu vergessen ist, daß der Schutz der Heiligkeit des Lebens nicht nur den Menschen sondern auch die gesamte Natur - also Ökologie -, die Schöpfung, den Kosmus betrifft. Eine einseitige Sicht auf die menschlichen Aspekte bedeutet Scheuklappendenken.

     

    Aber so ist sie nun mal, unsere gute alte CDU: voll von Heuchlern, Machtbesessenen und Täuschern!

  • G
    ghf

    Kompensiert diese Debatte die weithin menschenwürdeverachtenden Maßnahmen der CDU in und außerhalb von Regierungsverantwortung (neoliberale Diskriminierung, Kriegseinsatz im wirtschaftlichen Interesse, Polizeigewalt gegen abweichende Meinungen, ...)? ein christliches Feigenblatt?